Das Theater und sein Double

Die von Cathrin Pichler kuratierte Schau über den Theatermann Antonin Artaud entpuppte sich als eine biografische und werkgetreue Recherche. Vielmehr entwickelte es sich zu einer Spurensuche nach einem Mythos.


Geht es um neue Ideen am Theater oder um gesellschaftspolitische Umbrüche, wird gerne Antonin Artaud zitiert. Er musste für viele Ideen herhalten. Auch seine lange Psychiatrisierung wurde in den 70er Jahren heftig diskutiert.

Mythos Artaud

Wie erklärt sich diese Präsenz des Antonin Artaud und wer war er wirklich? Was macht seine vielfältigen Ausdrucksformen heute noch so anziehend. Er war einer, der viele Sprachen und Bilder entwickelte.

Die Werkschau

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Die Ausstellung im Wiener Museum moderner Kunst zeigt an Hand eines biografischen Parcours neben bekannten Zeichnungen auch die berühmten "Cahiers", in denen Zeichnung und Text nebeneinander gesetzt sind. Es ist eine Dokument- und Objektgeschichte, die da vorgestellt wird. Die originalen Manuskripte, Briefe, Erstausgaben, Dokumente, Zeichnungen und Fotografien erzählen nicht nur eine persönliche Geschichte sondern geben mit den Referenzen der Zeitgenossen auch einen besonderen Einblick in die Kultur- und Ideengeschichte von 1920 bis 1940. Dokumentarische Filme über Artaud ermöglichen eine Historiografie seiner nachträgliche Rezeption.

Wer war er?

Selbstporträt
Selbstporträt
Anhand des Materials stellt Kuratorin Cathrin Pichler die Frage, ob Artaud einer der Ersten des 20. Jahrhunderts war, oder einer der letzten jenes durch Weltkriege gebeutelten Jahrhunderts. Vielleicht war er auch ein revolutionärer Prophet dessen Botschaft erst entschlüsselt werden muss.

Von der Magie

Ohne Zweifel übte Artaud auch eine außergewöhnliche persönliche Faszination aus. Immer wieder berichten Zeitgenossen über seine exzeptionelle Attraktivität als Schauspieler. Cathrin Pichler schreibt über eine magisch Erscheinung - die sich Artaud bis zu seinem Lebensende erhalten hat. Seine Unergründlichkeit steigerte sich in seine letzten Jahren - wohl durch seine langen Aufenthalten in psychiatrischen Anstalten und seinen Kampf mit der Elektroschocktherapie - zu einer dunklen und furchterregenden Magie.

Totale Identifikation

Symptomatisch für Artaud ist dieses Zusammenfallen von Leben und Werk. Bis zur Selbstaufgabe setzte er sich für seine Ideen ein. Eine Ablehnung seiner Ideen kam einer Ablehnung seiner Person gleich. Jene totalitäre Identifikation war gefährlich. Sie macht sein Werk zwar authentisch, aber er erkrankte an dieser Überindentifikation.

Seine Inhalte

Seine Themen wie Sexualität, Religion, Kulturen, Fragen der Wiedergabe künstlerischen Praxis haben das 20. Jahrhundert geprägt und sind auch heute noch relevant. Artaud hat all diese Themen wie ein Schwamm aufgezogen. Sie persönlich durchlitten und artikuliert.

Tipps:

Die Viennale zeigt vom 18. bis 30. Oktober einige Filme über Artaud.

Das Burgtheater kooperiert ebenfalls mit dem mumok und zeigt einen Artaud-Abend und nimmt sein Stück Die Nervenwaage wieder auf. Bereits bei den letzten Wiener Festwochen nahm Artaud eine prominente Stellung ein.

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