Wien
(VN, APA) Um das Thema "Militanz" tanzt die
Ausstellung "Die Gewalt ist der Rand aller Dinge", bei der bis 21.
April in der Generali Foundation in Wien die Beziehungen zwischen
"Subjektverhältnissen, politischer Militanz und künstlerischen
Vorgehensweisen" befragt werden.
Als erste Ausstellung des Jahres, die die Generali
Foundation stets einem experimentellen Programm widmet, wurden für
deren Gestaltung nicht Kuratoren, sondern Künstler - Alice Creischer
und Andreas Siekman - geladen, die ihr Thema denn auch theatralisch
entwickelten und die Besucher nach den am Boden markierten Zahlen
zickzack durch den Raum schicken.
Erarbeitet haben Creischer und Siekman ihr Ausstellungskonzept
vor dem Hintergrund der internationalen Proteste der
Globalisierungsgegner und den Diskussionen der 90er Jahre zur
Übertragung von politischem Aktivismus in Kunstinstitutionen -
abseits der Agitprop-Romantik der 68er, ist doch auch der Anspruch,
öffentlich im Namen anderer zu artikulieren und zu handeln, als
Anmaßung obsolet geworden. Nach den Anschlägen des 11. September
allerdings drohte, so die Ausstellungsmacher, "ein Verständnis für
politische Militanz zwischen die Mahlsteine von Terror und
staatlichem Gegenterror zu geraten. Gerade Letzteres bestärkte uns
nach einer Bedenkzeit, unser Vorhaben durchzuführen".
Die Ausstellung setzt "historisch" an mit Fotografien der Pariser
Commune 1871 und sie stellt auch programmatisch die Bildstatistiken
von Gerd Arntz an den Anfang, der zu Beginn der dreißiger Jahre von
Otto Neurath zur Mitarbeit an der "Wiener Methode der Bildstatistik"
eingeladen worden war.
Freiheit?
Von hier kann eine Spur zu Gerard Fromanger gezogen
werden oder eine ganz andere zur Grupo de Arte Callejero aus
Argentinien, welche die Tragödie des Landes in
Straßenverkehrszeichen erzählt, aber auch zu den Comics von Seth
Tobocman über die Kämpfe urbaner Quartiersbewohner gegen die
Häuserspekulation. Thomas Kilpper zeichnet subjektive Städtpläne
bzw. Stadtporträts, während Dierk Schmidt klas- sische Fragen der
bürgerlichen Kunst neu formuliert und die "Freiheit" von Delacroix
und Gericaults "Floß der Medusa" in aktualisierten Sujets -
Nike-Werbeclib der brasilianischen Fussballmannschaft und Havarie
eines überladenen Flüchtlingsschiffs - darstellt.
Zum tieferen Eindringen ins stark diskurslastige Thema wurde ein
reiches Vermittlungs- und Begleitprogramm erarbeitet. Das Erscheinen
des Katalogs zur Ausstellung wird für März angekündigt.