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von
Irene Judmayer
AUSSTELLUNG: Fast dreihundert Arbeiten von Haderer im Nordico
Ein "Dancing-Star" der Zeichenstile
Ja. Es ist inhaltlich von einer satirischen Hochwertigkeit, was er da zeichnet. Ja. Seine Arbeiten sind seit Jahrzehnten perfekt kommentierende Gradmesser der sozial- und kulturpolitischen Befindlichkeit. Ja. Seine Comics sind zum lauthals Herauslachen.

Doch die bildnerische Qualität des oö. Karikaturisten Gerhard Haderer reicht weit über den satire-politischen Unterhaltungswert hinaus. Anhand von fast 300 fertigen Bildern, Werkskizzen und Studien lässt sich das jetzt im Linzer Museum Nordico leicht nachvollziehen.

Irritationen

Gerhard Haderer hat über die Jahre seiner Tätigkeit eine eigenständige Mischung aus Photorealismus, Skizzenhaftigkeit und formal zwingender Abstraktion entwickelt, die ihresgleichen lange suchen lässt. Mit minimal verschobenen Proportionen irritiert er in vermeintlich hyperrealistischen Abbildungen.

Wie er den deutschen Ex-Bundeskanzler Schröder mit "blauem Auge" porträtierte, ist allein schon mehr als einen Besuch wert: Aus einem dichten Gespinst von Buntstiftstrichen formt sich ein Gesicht, das bis in den letzten Speichelfaden Facetten politischen Ränkespiels spiegelt.

Perfekt montiert er Zitate aus der Kunstgeschichte (etwa Schiele, Helnwein, die Spätromantiker) in seine zumeist A4-großen Bildgeschichten. Haderer ist ein "Dancing-Star" zwischen den Zeichenstilen, die er passend zu den Inhalten auswählt.

Sein gefinkelter Detailreichtum ist ebenso verblüffend, wie auch in der Fülle des Bild-Angebots der zehn Werkgruppen im Linzer Nordico mitunter etwas ermüdend.

Warum man dann trotzdem auch nach dem 50sten Bild noch nicht aufhören kann, nach seinen tausenden versteckten Fallstricken zu suchen? - Keine Ahnung. Aber wer einmal sucht, dem wird's zur Sucht.

OÖnachrichten vom 11.05.2006
 
   



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