KOMMENTAR
Angst vor Künstlerinnen
CHRISTA DIETRICH christa.dietrich@vn.vol.at, •72/501-225
Italienische
Kunstkritiker können einem wirklich Leid tun. Ständig müssen sie sich
mit hüllenlos dargestellten Frauen auseinandersetzen. Kannten schon die
Alten Meister im sonnigen Süden kein Pardon und malten die rosig
marmorierte Haut noch häufiger als ihre Kollegen im Norden, so führte
auch der größere Wohlstand in der Gegenwart nicht zu mehr Bedarf an
Kleidung. Dazu kommt, dass
jetzt nicht mehr vor allem männliche Maler, Bildhauer, Foto- oder
Videokünstler befinden, wie der weibliche Körper darzustellen ist -
nein, auch im Ursprungsland des Katholizismus, in dem ausschließlich
alte Herren festlegen, was Moral zu sein hat, tun Künstlerinnen bereits
was sie wollen. Und das auch noch öffentlich. Da musste man
sich im "Corriere della Sera" doch glatt empören. Nicht nur dass die
Biennale von Venedig, die traditionsreichste Weltkunstschau überhaupt,
heuer (von Mitte Juni bis November) mit Maria de Corral und Rosa
Martinez von Frauen geleitet wird, nein, es ist auch zu befürchten,
dass unter den teilnehmenden Künstlern gut ein Drittel weiblich sind.
Klar, dass da auch die Sexualität - und einmal nicht nur aus männlicher
Sicht - Thema sein wird. Wer es mit der Angst zu tun bekommt, kann sie
ja in Harrys Bar, der einstigen Stammkneipe von Macho Hemingway,
hinunterspülen. Und Österreicher
brauchen nicht in Sorge zu sein. Man beschickt die Schau brav mit einem
Mann. Mit Hans Schabus, der vor ein paar Monaten im Kunsthaus Bregenz
mit bunten Schifferln fuhr.
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