Quer durch Galerien
Der die Schirme skalpiert
Von Claudia Aigner
Klimt? Ach ja, das ist doch der, der zur vorletzten
Jahrhundertwende Kaffeehäferln bemalt hat, oder? Mit ziemlich viel Gold.
Und Monet? Der hat Regenschirme bespannt. Mit so impressionistischen
Motiven. Zum Beispiel mit einer Frau, die dem Wind, dem Wetter und ihrem
bodenlangen Kleid ausgeliefert ist. Und Alexander Wolff? Das ist der, der
wenigstens Monet gerächt hat. Auf seine brachialkonzeptionelle Weise.
Denn jede Form der Kunstrezeption interessiert ihn. Selbst wenn er
dafür einen Schirm skalpieren muss (einen dieser "Monet-Fanartikel"), um
den Skalp dann auf eine Leinwand zu nähen. Vielleicht, weil ein Monet,
selbst wenn es nur eine Reproduktion ist, halt einfach nicht auf jene
unnachahmlich intelligente Erfindung gehört, die für ein angenehm
trockenes Gefühl an den nassen Tagen des Wetters sorgt. Dann hätte Wolff
den Schirm gewissermaßen aus Notwehr erlegt. (Aus Gründen des
Kunstgeschmacks.) Alexander Wolff (bis 22. März im Mezzanin,
Karl-Schweighofer-Gasse 12) ist also keinesfalls ein naiver Kunsträuber,
der sich bei Regenwetter auf offener Straße plötzlich ("Oh, ein Monet!")
eine Strumpfmaske überzieht und einen vorbeikommenden Regenschirm
erbeutet. Er ist ja auch nicht gleich ein patscherter Fälscher, nur weil
er seinen Malewitsch von einer Postkarte abmalt und dabei auch den weißen
Rand, der eigentlich gar nicht mehr dazugehört, feinsäuberlich kopiert. Er
liefert damit eher einen zu vielerlei Gedanken Anlass gebenden Beitrag zum
Thema "Das Kunstwerk im Zeitalter der totalen Reproduzierbarkeit bzw. im
Zeitalter der Museumsshops". (Und den Monet-Schirm hat er übrigens streng
kapitalistisch erworben: gekauft.) Wenn er freilich dann auch noch den
maßgeschneiderten Arbeitstisch der Galerie "rezipiert" (eine Art Theke,
die auch zum Herumlümmeln im Stehen wunderbar geeignet ist), stellt er den
Kunstsinn der Galeriemitarbeiter auf eine harte Probe. Er nimmt ihnen das
raffinierte, praktische und noch dazu unikate Möbelstück weg, indem er
jede Fläche formal zwar eh irgendwie logisch, aber bis zur totalen
Unbrauchbarkeit des Möbels fortsetzt, und bastelt der Galeristin dafür ein
Ding von geradezu schockierender Funktionalität: zwei Stützen mit einem
Brett drauf. Nennen wir es den "Urtisch". Das hat mich unsagbar amüsiert.
(Bin halt schadenfroh.) Doppelbilder sind nicht unbedingt die
Belohnung für erfolgreiches Schielen. Gerlinde Thuma (bis 6. März bei
art2net.at, Laudongasse 22) malt einfach dasselbe Motiv, mehr oder weniger
stark verändert, zweimal. (Das heißt natürlich nicht: Was der Augenarzt
Schielen nennt, dazu sagt der Kunsthistoriker "Diptychon".) Besonders
gelungen: "Tanz." Eine Zeichnung (Bild eins: zwei sich wiegende Linien)
löst sich - Bild zwei - in eine Wolke aus Kohlenstaub auf. Bis 27.
März in der Galerie Sur (Seilerstätte 7): Sinasi Bozatli. Ein Abstrakter.
Da werd' ich also wieder hilflos in meinem ambitioniert gescheiten
Vokabular herumrudern. Wenigstens ist der Bozatli gut. (Und was eine mir
namentlich bekannte Überraschungsei-Ausbrüterin unverblümt kunstbanausisch
und mit seelsorgerischen Ambitionen über die abstrakte Kunst gesagt hat,
kann ihm folglich wurscht sein: "Wie kannstn permanent klecksen und das
ist dann dein Lebenswerk . . .") Jetzt kommt der gescheite Teil: Bozatlis
Bilder sind kraftvoll, spannungsreich komponiert (in farblicher und
formaler Hinsicht, mit Verdichtungen am rechten Ort - meistens) und sie
sind lebhaft mit Maß und Ziel, sozusagen "emotional durchdacht". Schön
halt.
Erschienen am: 28.02.2003 |
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