12.09.2002 13:53
Ein Kulturstadtrat wacht auf
Wolfgang Kos als Direktor des Historischen Museums vorgestellt
Wien - Kulturstadtrat Mailath-Pokorny präsentierte am
Mittwoch offiziell den "Generalisten" Wolfgang Kos als designierten neuen
Direktor des Historischen Museums der Stadt Wien am Karlsplatz. Wolfgang Kos
(53), "ein Ausstellungsmacher, Publizist und urbaner Vordenker, der breite
Publikumsschichten gewinnen kann", wird am 1. 4. 2003 sein auf fünf Jahre
befristetes Amt antreten und mit Jahresende seine Funktion als leitender
Redakteur im Radiosender Ö1 niederlegen. Vorangegangen war der am Dienstag vom
Wiener Stadtsenat - mit Ausnahme der Stimmen der FPÖ - fixierten Bestellung eine
kleine Farce, die Mailath-Pokorny kreiert hatte und die er in der
Pressekonferenz auszuräumen versuchte:
Ein Kuratorium der Städtischen
Museen war - nach einer Enquete der Kandidaten - um einen Dreiervorschlag
gebeten worden. In diesem war Kos nicht enthalten; dessen Konzept hatte den
Kulturstadtrat, der an den Vorschlag juristisch nicht gebunden ist, aber am
meisten überzeugt.
Mailath-Pokorny: "Ich habe nichts anderes gemacht, als
meine politische Verantwortung wahrzunehmen. Und das heißt eben manchmal, sich
nicht an Ratschläge zu halten". Auch habe er eingehend mit dem Kuratorium
gesprochen und weder von diesem noch von den Mitbewerbern gegen die Bestellung
eine Klage vernommen.
Seinen früheren Satz, er würde sich "natürlich" an
den Vorschlag des Kuratoriums halten, sonst sei das ja "eine Augenauswischerei",
relativierte der Stadtrat: "Eine Augenauswischerei bringt manchmal auch einen
klareren Blick."
Ein solcher wäre schon früher zu wünschen gewesen, denn
das Konzept, das Wolfgang Kos umrissartig präsentierte, klingt viel
versprechend: Öffnung des nicht nur städtebaulich ungut positionierten Museums.
Das betrifft nicht nur das Programm von Ausstellungen (stärker Alltags- und
Jugendkultur bis in die Gegenwart), sondern auch die Reaktivierung bestehender
Sammlungen im Museum: "Etwa die Gemäldesammlung: Biedermeier wäre dann nicht nur
Waldmüller, sondern könnte kombiniert werden mit Spielzeug der
Zeit."
Auch müssten nicht alle Sammlungen permanent präsentiert werden:
Eine solchermaßen suggerierte bruchlose Kontinuität der Stadtgeschichte sei ja
gar nicht gegeben. Zu entwickeln wären auch Längsschnitte, etwa "Kindheit in der
Stadt", "Zuwanderer", "Stadtrand". Und: Ein Stadtmuseum sei kein Heimatmuseum,
sondern müsse verknüpft werden mit anderen Städten, darunter nicht nur die
prominenten, sondern "auch afrikanische Städte". Neben Großausstellungen sollten
auch kleinere Veranstaltungen mit Vortragscharakter stehen. (rire /DER STANDARD,
Printausgabe, 12.9.2002)