Galerien
Gulljanows Reisen
(cai) Was? Der Kommunismus hat überhaupt nicht stattgefunden? Womöglich
nicht einmal in Russland? Na ja, "Communism never happened", so nennt
Ami Barak zumindest die von ihm kuratierte Ausstellung mit junger
rumänischer Kunst. Das ist übrigens ein Zitat. Ach, aus dem Bericht
einer russischen Historikerkommission, die die Behauptung, der
Kommunismus hätte real existiert, endlich als Gräuelpropaganda der
Kapitalisten entlarvt hat? Nein, ein Künstler war’s, der den Kommunismus
rückwirkend abgeschafft hat. Mit einem einzigen Satz. Das hat der
Ciprian Muresan wohl aus purer Provokation getan. Den Lenin haut er aber
trotzdem um. Sicherheitshalber. In der Galerie Charim hängt von ihm
jedenfalls eine Zeichnung, wo eine riesige Lenin-Statue
konterrevolutionäre Liliputaner erschlägt. (Klingt Lenins richtiger Name nicht so ähnlich wie Gulliver? – Gulljanow. Oder vielmehr: Uljanow.)
In dieser Gruppenschau gibt’s nix Harmloses. Okay, die
Kachel mit dem Hirschen drauf sieht nach postsozialistischem Biedermeier
aus. Andrerseits kann man sich an diesem Werk von Victor Man ordentlich
die Finger verbrennen. Weil dahinter eine Heizung eingemauert ist. Und
die Mäntel vom selben Künstler dürften sogar ein politisches Statement
sein. Das bunte Futter ist ja keine abstrakte Kunst ("Who is afraid of
blue, yellow and red?"), sondern die rumänische Fahne. Und das
patriotische G’wand wurde "zufällig" 2007 an den Haken
gehängt. Da ist Rumänien der EU beigetreten. Herausragend: Adrian
Ghenies Bilder mit ihrem rotzigen Realismus. Oh, "Communism never
happened", das ist vielleicht ironisch . Als Nächstes heißt eineGemäldeausstellung "Die Malerei ist toter als Elvis".
Charim Galerie Wien
(Dorotheergasse 12)
curated by_ami barak
Bis 18. Juni, Di. – Fr.: 12 – 18 Uhr, Sa.: 11 – 15 Uhr
Im Koma Tennis spielen
(cai) Frauen sind einfühlsam (und für die Schmutzwäsche zuständig), Männer potent und g’scheit. Das ist hoffentlich nicht
die Botschaft dieser Gegenüberstellung. Zwei Künstlerinnen und zwei
Künstler aus Polen. Ob Dorota Buczkowska die lang ersehnte weibliche
Antwort auf den Nitsch ist? Auf ihrer weißen Wäsche: blassrote Flecken
(okay: Wein) und pornografisches Gekritzel. Fast romantisch, diese
Fleckenorgie wie in der Waschmittelreklame. Und Anna Baumgart hat sich
eine Natascha Kampusch gebastelt. Hat die nackten Beinchen mit
empathischer Drastik koloriert. Während Wojciech Bakowski den Ohren
harte Rhythmen einhämmert. Nix für Wattestäbchen-mit-Babyöl-Beträufler.
Eine wahre Herausforderung ist aber Norman Letos Lehrfilm. Entweder eine
originelle Persiflage auf die Evolution oder totaler Schwachsinn. Schon
allein die Feststellung, wenn eine Hausfrau die Größe von einem
Streichholz hätte, dann wäre Geraldine Chaplin ein Tennisschläger und
ein Mann, der im Koma liegt, ein Tennisball, sucht ihresgleichen im
Universum.
Galerie Steinek
(Eschenbachgasse 4)
curated by_ewa gorzadek
Bis 18. Juni, Di. – Fr.: 12 – 18 Uhr, Sa.: 11 – 15 Uhr
Bis in alle Ehewigkeit
(cai) Die Ehe zwischen Jiøi Kolár und Bìla Koláøová ist nun definitiv
vollzogen worden. Posthum. Dank Márie Klimešová. (Nein, keine Priesterin
in einer Nekrophilensekte. Eine Kuratorin!) Erstmals stellen die beiden
also gemeinsam aus. Er wird ja zu Recht geschätzt. Für seine
verschmitzt intellektuellen Collagen und Assemblagen. Aus einem
"normalen" katholischen Heiligen macht er einen Supermärtyrer. Beklebt
ihn mit den Fetzen eines zerrissenen Büchls von Jan Hus (dem Ketzer).
Spickt ihn auch noch mit ein paar Nägeln. Und sie wird zu Unrecht unter schätzt. Banales formiert sich da zu Mustern. Klammern spreizen kokett ihre Schenkel und machen rhythmische Gymnastik.
Galerie Krobath
(Eschenbachgasse 9)
curated by_ márie klimešová
Bis 18. Juni, Di. – Fr.: 12 – 18 Uhr, Sa.: 11 – 15 Uhr
Printausgabe vom Mittwoch, 01. Juni 2011
Online seit: Dienstag, 31. Mai 2011 18:35:00