Peter Noever hätte die letzte Jahres-Pressekonferenz vor seinem Abschied Ende 2011 gerne als Ehrenrunde angelegt: polternder Titel „Kunst statt Kompromiss“, feierlicher Rahmen im Haus am Stubenring (Wien, 1. Bezirk), angefüllt mit dankbaren Menschen, die Noever für 25 Direktionsjahre im Museum für angewandte Kunst (MAK) die Welle machen.
Ganz so ist es gestern nicht gelaufen, weil Noever sein Publikum seit jeher in Verehrer und Verächter teilt. Zu allem Überdruss kam er ins Gerede: Wie schon 2008, als Noever das Büro der damals frischen Kunstministerin Claudia Schmied mit Kostbarkeiten eingerichtet und eine Vertragsverlängerung bekommen hatte. Nun veranstaltete er in den Räumlichkeiten des MAK vier Geburtstagsfeste für seine Mutter, auf Dienstreisen war er alles andere als preiswert unterwegs, und man muss länger suchen, bis sich ein vergleichbar kostspieliges Limousinen-Service für Künstler finden lässt, wie ihn das MAK anbietet.
Mit Erklärungen zu diesen „Querschüssen“ begann er. „Aus heutiger Sicht mögen die Veranstaltungen keine gute Idee gewesen sein“, sagte Noever. Er bedauere, auch seine Mutter in „Mitleidenschaft“ gezogen zu haben. Bei den Feiern hätten sich dennoch Sponsoren-Verbindungen aufgetan. Den „drittüblichen Vermietungsanteil“ von „knapp über 10.000 Euro“ habe er bereits überwiesen. Eine Sprecherin des Kulturministeriums bezifferte die durch die Feste entstandenen Kosten auf 21.740 Euro. Alle anderen Anschuldigungen, sagte Noever, seien seit der am Montag zu Ende gegangenen Prüfung entkräftet.
Aus aller Welt habe Noever jüngst so viel Zuspruch wie noch nie erfahren. Im Publikum saßen gestern die Künstler Eva Schlegel, Wolf D. Prix, Erwin Wurm und – an seinem 80. Geburtstag – Oswald Oberhuber. Nach seiner MAK-Zeit lockt Noever Tom Krens’ Angebot, an einem Kunstkomplex in Peking mitzuarbeiten.
Über den Umweg der rühmlichen Vergangenheit wollte Noever in die sonnige Zukunft einbiegen, er sprach von einem verschlafenen Museum, das er in einen aufregenden Ort der Kunst verwandelt habe. Er redete von aufgebauten Netzwerken, abgebauten Hürden und etwa vom 1994 verstorbenen Künstler Donald Judd, der dem MAK eine Skulptur mit dem heutigen Wert von mehr als zehn Millionen Euro schenkte.
Auf Nachfrage stellte er sich dem Besucher-Bericht. „Ein Plus von 3,8 Prozent im Vergleich zu 2009.“ Wer davon das Museum ermäßigt oder kostenlos besucht hatte, konnte Noever nicht aufschlüsseln (2009: von 184.000 Besuchern 114.000 Nicht-Zahler). Er wollte auch nicht mehr. „Besucherzahlen sind als Erfolgsbarometer höchst problematisch. Wir bringen keine Blockbuster, sondern aufstrebende Künstler.“ (Ausblick 2011: Erwin Wurm, Walter Pichler, Helmut Lang...) Nach dem Vergleich mit der Albertina und dass auch dieses Museum in Bedrängnis geraten würde, sofern es im Sommer monatelang riesige Ausstellungsflächen freistehen ließe (wie das MAK), war es mit den Höflichkeiten vorbei. „Wir wollen nicht die Albertina werden – diesen Vergleich verbitte ich mir!“, schrie Noever. Applaus und Kopfschütteln im Publikum offenbarte die Lager.