text breit  text schmal  
drucken 
Bilder keine Bilder

derStandard.at | Newsroom | Kultur | Bildende Kunst 
25. September 2009
17:30 MESZ

Link
Arnulf Rainer Museum

Info
"Aller Anfang ist schwer" , Ausstellung bis März 2010, tägl. außer Di, 10 bis 18 Uhr, Josefspl. 5, Baden

 

Gut drauf: Arnulf Rainer kasperlt im einzigen - einem White Cube am nächsten kommenden - annähernd funktionierenden Raum des Museums mit frühen Übermalungen in Tusche und Ölkreide.


Rainer, verloren im Marmor-Mausoleum
Seit Donnerstag hat Arnulf Rainer in seinem Geburtsort Baden ein eigenes Museum: Im ehemaligen Frauenbad wird nach achtmonatiger Renovierung zum Auftakt sein vielfältiges Frühwerk gezeigt

Baden - Erklärungen zu seinem Werkkosmos hat Arnulf Rainer im Laufe seiner 1949 beginnenen Karriere viele und stets bereitwillig gegeben: "Meine Kommentare sind keine wichtigen genuinen Äußerungen, sondern Tricks und Gebrauchstexte, um noch schlimmeren Interpretationen anderer zuvorzukommen" , bekannte Rainer. Allerdings schon 1979 in einer häufig und jüngst in Baden abermals zitierten Selbstbevorwortung.

Am Donnerstagvormittag in Baden, wo das lange erwartete Rainer-Museum seine Tore öffnete, wirkt der bald 80-jährige Künstler gut gelaunt, jedoch recht stumm und sich damit begnügend, knapp und präzise das Konzept des neuen Hauses, das "kein klassisches Museum" sei, zu umreißen.

Denn gesprochen wurde an diesem noch jungen Tag "an dem sich alle kulturinterssierten Augen auf Baden richten" ohnehin schon viel. Hymnisch handeln Landesherr und Stadtfrau die Weltoffenheit Niederösterreichs ab. Das "Baden nun in einem Atemzug mit New York genannt wird" , war ihnen zwei Millionen Euro für die bauliche Adaptierung des ehemaligen sogenannten "Frauenbades" wert. Danke Niederösterreich, das Land mit der Wohlfühlatmosphäre für all die bunten Künstlerhunde! Und: Danke, Rainer, für 42 geschenkte Werke!

Rainer ist großzügig und milde. Lange vorbei die Zeit spontaner Beschimpfungen des "verrotteten" Publikums (1951); längst passé jener Akt der Verzweiflung - der trotz des traurigen Verlusts vieler Bildwerke auch von entschlossener Courage zeugt -, bei dem Rainer fast 100 Ölbilder vernichtete (1954). Lange her auch die Bilderverbrennungsaktion von 1957. Heut tobt er nicht mehr mit sich und anderen, sondern blickt interessiert und aus Distanz auf seine alten Bilder; lernt sich selbst dabei sogar neu kennen.

Wahrlich schwerer Anfang

Ob er bei der Hängung der ersten Ausstellung im eigenen Museum, die das Frühwerk zwischen 1949 und 1961 recht uninspiriert präsentiert, dabei war? "Ich kann meine Werke nicht hängen. Ich halte mich bei der Hängung vom Haus fern. Ich bin immer unzufrieden." - Unzufrieden? Im aktuellen Fall durchaus verständlich.

Aller Anfang ist schwer titelt man in Baden. Das ist zu bemerken. Zweifel überwiegen, ob es besser werden kann. Warum? Zwar ist die Adaptierung der klassizistischen Bausubstanz von der Architektengemeinsschaft Lottersberger-Messner- Dumpelnik in der Tat sehr sensibel gemacht, die Materialien für Einbauten mit Bedacht gewählt. Aber wer hatte die Idee, aus einem Bad ein Museum zu machen?

Marmor bis weit hinauf zur Decke, tiefe Becken und massive, raumgreifende Wandvorlagen, die auf das Repertoire des antiken Tempelportikus zurückgreifen, lassen noch am ehesten an ein Mausoleum denken. Trotz Arnulf Rainers existentiellen künstlerischen Auseinandersetzungen mit Leben und Tod, ein höchst unpassendes Setting.

Man könnte diese Form der Inszenierung fast als absichtliches, aber böses Spiel begreifen:In den Saal des Karolinenbades führt ein mit Glas gerahmter Steg, von dem man mit erzwungenem Respektabstand auf großformatige Leinwandbilder, tiefschwarze, in die Tiefe saugende Übermalungen blickt. In der Ferne, verdeckt durch schon erwähnte Marmor-Monströsitäten, auch zwei kleinformatige rote Übermalungen. Betritt man den Saal noch einmal vom Bodenniveau aus, darf man die Werke aus der Büßersicht betrachten. Als kleiner Wurm, oder wie?

Einige monumentale Blickachsen gewährt der Saal des Frauenbads, obgleich die gefleckte Marmoroberfläche Rainers Übermalungen in Ölfarbe - darunter die Grüne Übermalung mit Flammenecke (1956/58) - recht stumpf wirken lässt. Fürchterlich die hängende Einzelhaft von Rainers (zweifelsfrei wunderbaren) grafischen Blättern in den Kabanen des Hauses. Sie scheinen mit den kleinen beengenden Kammerln zur Installation zu verwachsen. Manch herrliche Arbeit findet sich in die Ecke gezwängt: Zwischen einer Türöffnung auf der einen und einem Feuerlöscher auf der anderen Seite. Die generell plumpe Anhäufung technischer Notwendigkeiten nimmt andernorts sogar unfreiwillig komische, installative Züge an.

Und zur Frage, was man aus dem historischen Bad anderes hätte machen können als ein Museum? Einen exklusiven Ort römischer Badekultur, zum Beispiel. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD/Printausgabe 26.9./27.9.2009)

Diesen Artikel auf http://derstandard.at lesen.

© 2009 derStandard.at - Alle Rechte vorbehalten.
Nutzung ausschließlich für den privaten Eigenbedarf. Eine Weiterverwendung und Reproduktion über den persönlichen Gebrauch hinaus ist nicht gestattet.