Salzburger Nachrichten am 25. September 2006 - Bereich:
Kultur
Der Ausstellungs-Verführer Herbert Lachmayer
gestaltete die Ausstellungen zum Mozartjahr in Wien. 275.000 Besucher
zählte allein die Mozartausstellung in der Wiener Albertina.
ERNST P. STROBLWIEN (SN). Herbert Lachmayer ist ein redseliger und
beredter Mann, dem man aber gerne zuhört, weil er viel zu erzählen hat.
Der Gründer und Vorstand des Da-Ponte-Instituts hat alle drei
Mozartausstellungen in Wien maßgeblich gestaltet: in der Albertina,
"Experiment Aufklärung" im Jüdischen Museum, "Lorenzo da Ponte - Aufbruch
in die Neue Welt" und - wegen des Zuspruchs bis 20. November verlängert -
im Kindermuseum ZOOM im Museumsquartier "Wolfgang Amadé - ein ganz
normales Wunderkind". Schon jetzt ist diese Schau bis zum Schluss
ausgebucht. Nicht ohne Stolz zieht Lachmayer Bilanz. Insgesamt 275.000 Besucher
zählte die in der Vorwoche beendete Ausstellung in der Albertina. Täglich
habe er stundenlang durch die Schau geführt, denn Vermittlung sei das ihm
das Wichtigste, zumindest genauso wichtig wie die Exponate. Riccardo Muti
sei mehrere Stunden lang in der Ausstellung gewesen, auch andere
prominente Mozartianer wie Alfred Brendel, Peter Sellars oder Luc Bondy
haben sich die Schau nicht entgehen lassen. Um die Gattin des
amerikanischen Präsidenten, Laura Bush, hätte sich allerdings
Albertina-Chef Klaus-Albrecht Schröder selbst gekümmert. Wer immer sich dafür interessierte, wurde von Lachmayer durch die
Ausstellung geführt. 16 EU-Delegationen während des EU-Vorsitzes,
Kulturdirektoren der Außenämter, südamerikanische Präsidentengattinnen:
Sie alle wurden staunende Zuhörer seiner feurig-enthusiastischen
Erklärungskunst. Und auch im Jüdischen Museum, das in "normalen" Jahren an die 60.000
Besucher zählt, wären allein in den fünfeinhalb Monaten zur
Da-Ponte-Ausstellung rund 40.000 Interessenten gekommen, sagt
Lachmayer. In der Albertina, wo bei über 1100 Exponaten und einer komplizierten
Ausstellungsarchitektur nicht jedermann den Überblick behalten konnte, war
die von Lachmayer angesprochene Vermittlung allerdings wichtig.
Vermittlungsstrategie, sagt Lachmayer, halte er für Forschungsstrategie.
Und Ausstellungsgestaltung sei auch Wissenschaftspraxis. Überhaupt wären
die Ausstellungen stets von einer gewissen Nachhaltigkeit geprägt. Vom
rumänischen Kronstadt bis nach Neapel, von Mailand bis nach New York
wurden Netze geknüpft und Freundschaften geschlossen. Ein Netzwerk war auch vonnöten, um die Exponate für die Ausstellungen
zusammenzuholen. Zum Gesamtbudget von sechs Millionen Euro hat die Stadt
Wien eine Million beigetragen, nur 200.000 Euro kamen vom Bund. Dazu
verweist dann Lachmayer sarkastisch auf die 16 EU-Delegationen, die das
"Experiment Aufklärung" gesehen haben. Überhaupt nimmt der
Ausstellungsmacher viel mit Humor. Exponate vom Louvre oder
Mozartautographen aus Berlin habe er ganz ohne Leihgebühr bekommen. "Wir
freuen uns aber", merkt Lachmayer ironisch an, "dass wir die
Internationale Stiftung Mozarteum in Salzburg einmal mehr unterstützen
durften." 30.000 Euro hätte man für fünf Bilder an Leihgebühr bezahlen
müssen, was sich dann samt Versicherungen auf rund 45.000 Euro summiert
habe. Möglich gemacht haben die Ausstellung auch Sponsoren. Mit 100.000 Euro
hat Mirabell die Hälfte des Bundeszuschusses erreicht. Unter dem Strich
sei es ein "win-win-Spiel" geworden, für Klaus-Albrecht Schröder von der
Albertina und auch für Herbert Lachmayer und sein Da-Ponte-Institut. Ausstellungen müssen sinnlich und "sexy" sein Dieses privat finanzierte
Institut für "Librettologie, Don-Juan-Forschung und Sammlungsgeschichte"
hat der 1948 in Wien geborene Kulturphilosoph vor fünf Jahren begründet
und betreibt es mit fünf Angestellten und sechs freien Mitarbeitern. Die Erfahrungen als Forscher schlugen sich in den Katalogen nieder,
welche für die Ausstellungen gemeinsam mit anderen Kuratoren erarbeitet
wurden. Da gibt es den dickleibigen, 800 Seiten umfassenden Begleitband
zur Albertina-Schau mit hervorragenden Essaybeiträgen, den großen Band zu
Lorenzo da Ponte, aber auch einen zauberhaften Band zur
Kinderausstellung. Voll des Lobes ist Herbert Lachmayer über die Salzburger "Viva!
Mozart"-Ausstellung, die noch bis Anfang Jänner 2007 in der Neuen Residenz
in Salzburg zu sehen ist (siehe Kasten auf dieser Seite). Er schätze
seinen Salzburger Kollegen, Museumsdirektor Erich Marx sehr. Aber "seine"
Ausstellung in der Albertina sei einfach "sexy" gewesen, sexy wie der
Teppich von Franz West oder die Roben der Modezaren wie John Galliano.
Verstand und Sinnlichkeit wären gleichermaßen angeregt gewesen. Herbert Lachmayer hatte es von Beginn an gesagt: Er wollte eine
"Wissensoper" inszenieren und das sei ihm gelungen, gerade anhand der
Komponistenpersönlichkeit Wolfgang Amadeus Mozart. |