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Quer durch Galerien

Purzelbäume sind ordnungswidrig

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Die Dunkelheit ist eine extrem lichtempfindliche Farbe. Sobald man den Lichtschalter anmacht, ist sie weg. Denn Finsternis und Lichtschalter verhalten sich zueinander wie der Ketchupfleck zum Fleckenteufel (oder eigentlich müsste der ja "Fleckenexorzist" heißen, weil das Gegenmittel gegen Ketchup und Rotwein die hartnäckig schmutzigen Dämonen aus der "besessenen" Wäsche austreibt - beziehungsweise die rauschige, weinselige Schmutzwäsche ausnüchtert). Oder schalten wir die Dunkelheit vielmehr ein, wenn wir das Licht abdrehen?

Das österreichische Webverzeichnis! Nicht zufällig ist eines der großen Mysterien des Lebens, das sich jedes Jahr pünktlich wiederholt, eine geheimnisvolle Lichtquelle, die der Mittelpunkt in einem obskuren Lichtkult ist und von Jahr zu Jahr heller wird (nämlich genau um eine Kerze): die Geburtstagstorte.
Es ist übrigens ein Vorurteil, dass Kettenraucher Zigaretten statt der Kerzen nehmen und ihre Geburtstagsflammen (oder ihr Geburtstagsglimmen) nicht ausblasen, sondern inhalieren und damit angeben, dass sie einen längeren Atem haben als die Kerzenauspuster, die bloß einmal kräftig ausatmen müssen, bevor sie sich etwas wünschen dürfen. Das wäre ja Diskriminierung, weil die rauchende Bevölkerung wegen ihrer viel zeitintensiveren "Kerzen" (den Räucherstäbchen aus Tabak und Nikotin) viel länger auf ihren Geburtstagswunsch warten müsste, zumal die Torte zuerst vollständig gelöscht sein muss, also alles bis zur Kippe aufgeraucht sein muss.
Wir stoßen also dauernd auf seltsame, erklärungsbedürftige Phänomene: Lichtschalter, brennende Torten, Fortbewegungsanomalien (wie Rollerblades oder Purzelbäume) oder die Löcher im Käse. Unter dem Stichwort "Mysteriös" hätte sich die Fotogalerie (Währinger Straße 59, bis 30. März) folglich an viele ungelöste Rätsel der Menschheit heranpirschen können.

Fotogalerie: Nostalgie streng nach Vorschrift

Kann man denn, wenn man einen Käse unter Laborbedingungen abwiegt und sein Volumen bestimmt, daraus ableiten (mit einer mathematischen Formel, in der wahrscheinlich die Zahl Pi vorkommt), wie er schmeckt, ohne abzubeißen? (Natürlich müsste man vorher, nachdem man sein Aroma ausgerechnet hat, etwaige Löcher vom Endergebnis abziehen, in denen sich ja kein Geschmack befindet.) Vermutlich müsste man trotzdem die Zunge bemühen. Denn Käse, geschweige denn Geburtstagstorten, kann man einfach nicht wissenschaftlich "verkosten" (mit Gummihandschuhen und Mundschutz) oder emotionslos (ohne Zähne und Speichel) essen.
Das ist wohl der Grund, weshalb die strenge, distanzierte Installation "Tagebuch eins" von Jana Müller, die ihr verlassenes Elternhaus, den einstigen Wohnort ihrer Kindheit "verarbeitet", so unbefriedigend ist. Im speziellen das Video, wo die Handlung so minimal und statisch ist, dass der Film zu einer Aneinanderreihung von (mitunter durchaus suggestiven, freilich lähmend langsamen) Standbildern tendiert. Eine spartanische Hausbesichtigung, eine geradezu unpersönliche, "objektive" Vergangenheitsbewältigung. Man sieht Türen, die nicht geöffnet werden, oder Tapeten, die ja Zeitzeugen sind. Auf einer haben die Familienfotos Abdrücke hinterlassen, zumal sich unter den Bildern die älteste Zeitschicht unverändert erhalten hat. Ein Foto hängt die Künstlerin demonstrativ wieder auf.
Ja, sie weckt die Neugier des Zuschauers, lässt ihn aber verhungern, dem sie dauernd die Sicht verstellt und der die ganze Zeit auf eine Pointe oder Erkenntnis wartet. Und wer bis zum Schluss durchhält, dem bleibt die Frustration nicht erspart. Weiters gibt es einen exakten Grundriss des Hauses oder die Abbildung eines geschlossenen Tagebuchs, an das ganz förmlich ein Lineal angelegt ist. Letzteres ist originell. Besonders die Anweisung für den Autobiografen: "Sie sind verpflichtet, ordnungsgemäße Eintragungen vorzunehmen." Ohne Vorschriften geht halt nix.
Man kann ja nicht einmal korrekt vor die Tür treten, wenn man nicht die Straßenverkehrsordnung auswendiggelernt hat. Die Mitbürgerinnen von Petra Warrass werden deshalb sicher nicht als Passantinnen anerkannt. So wie die sich danebenbenehmen. Schließlich heißt es "Fußgänger" und nicht "Fußpurzler". Und außerdem ist der aufrechte Gang für die gesamte Menschheit bindend, seit er ins Primatenmodell "Homo sapiens" serienmäßig eingebaut ist. Ausnahmeregelungen gibt es nur für Kleinkinder und Bundesheerangehörige. Na gut, so kreativ sind diese individualistischen Posen, die mutmaßlichen Liegestütze, Purzelbäume und "Sitzungen" auf dem Asphalt, die irgendwo zwischen Bodenturnen und Stolpern liegen, auch wieder nicht. Irritierend schon ein bissl. Wie die Bilderbüchln mit inszenierten Fotos von Silvia Micheli, die ein diffuses Gefühl im Betrachter hinterlassen.
Wirklich mysteriös (neben dem fast abstrakten Türschlitzvoyeurismus von Birgit Graschopf) ist eh bloß Julian Burgins Fotoserie, die das Wissen stimmungs- und effektvoll umsetzt, dass der Mensch sich genauso gern beleuchten lässt wie die Insekten, diese Glühbirnenanbeter, und hinter dem Licht her ist wie ein Kammerjäger.

Galerie Exner: Die fleischlosen Gelüste

Wenn der Robert Kabas sich die bedeutendste kulinarische Zeitschrift besorgt, die voller Serviervorschläge fürs weibliche Fleisch ist (den "Playboy"), dann zückt er bestimmt als erstes seinen Kuli, um auf den appetitlichen Bildchen einmal so richtig die Sau rauszulassen - beim Wurzelziehen. Oder beim Lösen von ein paar Gleichungen. Ein Mathematiker kann das schließlich auf jeder Unterlage. Und macht dabei ein Pokerface (in dem Fall ein ungerührtes Vegetariergesicht).
Zumindest benimmt sich der Kabas einem Aktfoto gegenüber nicht anders, als wenn er es mit einem Teddybären zu tun hat. Für seine neueren Arbeiten (bis 29. März beim Exner, Rauhensteingasse 12) hat er Fotos auf Leinwand gedruckt (zum Beispiel ein Nackerpatzl) und auf seine Weise überarbeitet. Mit wissenschaftlichem Furor. Also mit Berechnungen oder ganz unfleischlichen Konstruktionszeichnungen. Sogar wenn darunter eine Frau mit einem Bügeleisen gekrönt wird, zur Hausfrau und Bügelpriesterin geweiht wird (Titel: "Höhere Weihen"). Einmal scheint er wie ein Optiker das Phänomen "Kunstbetrachtung" zu analysieren: Ein Kunstwerk (ein "typisches" expandierendes Universum vom Kabas: ein zackiges Kreuz und Quer) sendet auf gut Glück seine Sichtbarkeit in Strahlenform aus und trifft zufällig den Betrachterkopf.
Eine kryptisch ironische Verbindung zwischen der Kunst einerseits und der Wissenschaft (dieser kreativen Weltbetrachtung) und Technik (einer phantasievollen Weltverbesserung) andererseits. Nicht wirklich ergründbar, aber visuell spannend.

Erschienen am: 25.03.2005

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