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26.02.2004 - Kultur&Medien / Ausstellung
Kunstraum

MEYER KAINER: SEITENHIEBE

Spätestens seit Mitte der 80er Jahre zählt Franz West international zu den herausragenden Künstlern Österreichs. Derzeit treffen seine raumgreifenden Aluminiumröhren in glatt glänzenden Farben auf massige Papiermachee-Plastiken mit schroffer Außenhaut. Wie schon in den früheren "Passstücken" unterläuft West erneut die Grenzen zwischen freier Kunst und angewandtem Design. Benutzt wollen die schleifenförmigen "Gartenskulpturen" aus zusammengeschweißtem Industrieschrott werden (112.000 bis 152.000 Euro). Und geben paradoxerweise dadurch erst recht ihren autonomen Status als Kunstwerk preis. Extrem künstlich die Gesten der Protagonisten in Wests Collagen und Plakatentwürfen: Der menschliche Körper wird hier zum deformierten Objekt. Wer Wests Passstück-Akteure kennt, bemerkt den spöttischen Seitenhieb auf die Fertigteilprodukte der Informationsgesellschaft. Die Schau zeigt einmal mehr, dass sich der Kosmos des Schöpfers von abstrakten organischen Befindlichkeits-Skulpturen besser in der Zusammenschau als in der Betrachtung einzelner Arbeiten erschließt. (bis 6.3., Eschenbachg. 9, Wien 1)

GALERIE MEZZANIN: TECHNISCH

Ameisen, Röhren, Hirnwindungen zählen zu den bekanntesten Markenzeichen des zweifachen Documenta-Teilnehmers Peter Kogler. Als einfache Grundmodule seriell multipliziert sind sie klare Statements zum Zustand einer technologisierten Welt. Computergenerierte Formationen lassen das Bild als kompaktes, nach allen Seiten hin offenes Feld erscheinen und Vorhänge als ideale Bildträger: in der jüngsten Variante aus Kunststoff und mobil, weil elektronisch gesteuert. Ameisenkolonien: funktionell und schnell. Das Beispiel schlechthin für soziale Ordnung? Oder lebender Prototyp des Computers? Bekannt aus Koglers All-Over-Strukturen finden wir sie hier in animierter Bodenprojektion wieder. Neben Collagen (1.800 €) und Siebdrucken auch Tische: farblich kartografische Darstellungen nachvollziehend (5.000 €). Doch während die Vorhang-Installation als ambivalentes Hybrid aus Architektur, Malerei und Skulptur noch durchgeht, sind diese Unikate pro Couleur hart an der Grenze zum reinen Dekor. (bis 17. 4., Karl Schweighofer-G. 12, Wien 7)

JOHANNES FABER: DENUNZIERT

Alexander Rodchenko: Fotopionier unter dem Dogma "Neues Sehen" und Verbindungsglied zum Avantgardefilm mit dessen inspirierender Anwendung der Montage. Extreme Nahaufnahmen, waghalsige Auf- und monumentalisierende Untersichten sowie diagonale Anordnung einzelner Bildmotive waren die Eckpfeiler seiner Konstruktionen. Von russischen Zeitgenossen aus der Liga der Reportagefotografen oft als Formalist denunziert, spiegeln nun Silber-Gelatin-Print-Editionen (2.100 bis 2.800 €) Rodchenkos Schaffensperiode zwischen 1924 und 1940 wider. (bis 27. 3., Brahmsplatz 7, Wien 4) Manisha Jothady

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