Jahrelang habe ich mich gesträubt, mir das Schindler-Haus in Los Angeles anzusehen. Diesen Sommer sind mir die Ausreden endgültig ausgegangen. Grantig quetschte ich mich in den Flieger. Drei Tage USA. Nonstop-Jetlag. Triste Rasterstadt. Entsetzlich. Was bitte braucht das MAK schon eine Dependance in Hollywood? Lächerlich, dachte ich.
Und dann ging ich in die Knie. Was ich hier mitten in L. A. sah, eingepfercht von immer dichter heranrückenden baulichen Hässlichkeiten, war alles andere als das repräsentative Dienstreisendomizil eines lang gedienten Museumsdirektors. Ich sah einen völlig unspektakulär wirkenden Pavillon – der nichts Geringeres ist als die liebevoll gepflegte Wurzel der architektonischen Moderne in L. A., 1921 gebaut vom Österreicher Rudolf Schindler. Heinz Emigholz' meditativer Architekturfilm „Schindlers Häuser“ wird bei der heurigen „Viennale“ von dieser Ikone einer Moderne erzählen, von der wir selbst kein einziges Beispiel haben. Niente, nichts.
Trotzdem profitiert
Österreich bis heute – wie Frank Gehry bei seiner Wien-Visite
bestätigte – vom Ruf dieses Architekten, der hierzulande wahrscheinlich
am Hang zur Tradition verhungert wäre. Noch. In Zukunft, in der
Post-Noever-Zeit, wird hart an dem Bewusstsein weitergearbeitet werden
müssen, dass sich nicht das MAK eine Dependance leistet, sondern
Österreich auf diese Kultur-Botschaft nicht verzichten kann. Denn eine
intelligentere Investition in unser Image abseits der Klischees gibt es
nicht.
Wozu plötzlich dieses Plädoyer für dieses
Architekturjuwel in L. A. und den starrköpfigen Wiener Museumsdirektor,
dem wir dessen Erhalt verdanken? Weil ein anderer Wind aufzuziehen
scheint. Weil die Banken den Rotstift bei ihren Kunst-Foundations
ansetzen und aus den Banken die Entscheidungsträger kommen, die unsere
Kulturpolitk bestimmen. Neben all diesem anbrechenden Rechnen sollten
wir aber eines nicht vergessen: Unsere Verpflichtung zu kämpferischer
Leidenschaft denen gegenüber, deren Utopien wir heute kühl
ausschlachten.
almuth.spiegler@diepresse.com
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.10.2007)