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Totentanz statt Erlösung

05.04.2007 | SN
2006 sorgte Marcus Hank mit einer Kunst-Prozession zum Karfreitag für heftige Debatten. In einem neuen Projekt thematisiert der ARGE-Leiter die Erregung.

CLEMENS PANAGLSalzburg (SN). Ein Ermittlungsverfahren gegen Marcus Hank ist erst in der Vorwoche eingestellt worden. Mit seiner für Karfreitag 2006 geplanten Kunst-Prozession "ER-Lösung" hat sich der künstlerische Leiter der ARGEkultur nach der Erkenntnis der Staatsanwaltschaft nicht der "Herabwürdigung religiöser Lehren" verdächtig gemacht.

Ein ganzes Jahr hat dieses Nachspiel zu einer Aktion gedauert, deren Ankündigung (zur Erinnerung: das Plakat zeigte eine nackte Frau am Kreuz) bereits so heftige Debatten ausgelöst hatte, dass die Prozession von der Franziskanerkirche über den Domplatz zur ARGEkultur selbst schließlich abgesagt wurde.

Dieser Tage ist Marcus Hank wieder auf dem Domplatz unterwegs. Um einen zweiten Versuch einer Durchführung der "ER-Lösungs"-Prozession geht es ihm allerdings nicht. Übernächste Woche will Hank in der ARGEkultur (19. bis 21. 4.) eine "dokumentarisch-fiktive Collage" unter dem Titel "Totentanz" realisieren. Dafür werden in der Innenstadt auch Salzburger Karfreitags-Impressionen gefilmt.

Bewusst spielt der Regisseur mit der Titelwahl seines Projektes auf den Salzburger "Totentanz" an, den der Dramatiker Bertolt Brecht einst für Salzburg schreiben sollte - zu dessen Umsetzung es aber ebenfalls nie gekommen ist. Um das "Leben, Sterben und tot sein in Salzburg" soll es in der Inszenierung auf mehreren Ebenen gehen. Entstehen soll so ein "szenisches Sittengemälde" (Hank). Dieses könne Blicke auf eine Festspielstadt eröffnen, die "vor allem tote Kunst in den Vordergrund stellt und sehr wenig wagt, was ihren Besuchern den Appetit verderben könnte". Gleichzeitig gehe es um eine Aufarbeitung der Erregungen und Hetzkampagnen rund um die "ER-Lösung".

Mit der geplanten Prozession habe die ARGE im Vorjahr "den Finger in eine Wunde gelegt". An dem Verlauf der Aktion sei abzulesen gewesen, "nach welchen Mechanismen in dieser Stadt Skandale funktionieren". Jene, die sich am heftigsten über das Projekt erregt hätten, "haben am wenigsten über den Inhalt gewusst". Um die Idee der Prozession, das Leid in der Jetzt-Zeit zu thematisieren und Opfer-Rollen neu zu hinterfragen, sei es "in der ganzen Auseinandersetzung ja kaum mehr gegangen".

Vor einem Gerichtsverfahren in der Folge der Prozession habe er keine Angst gehabt, sagt der Münchner, der vor zwei Jahren die Leitung des Salzburger Kulturzentrums (gemeinsam mit Markus Grüner) übernommen hat. Bedauerlich findet Hank indes, dass sich andere Vertreter der freien Salzburger Kunstszene "schon lange nicht mehr für eine Auseinandersetzung mit dieser Stadt" zu interessieren scheinen. Er selbst wolle weiter daran arbeiten, dass "die Angst vor Kunst im öffentlichen Raum irgendwann nicht mehr so groß ist." Morgen, Karfreitag, findet in der ARGEkultur ein Diskussionsabend unter dem Titel "Die Lange Nacht der Zensur" statt.Information: www.argekultur.at

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