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13.11.2006 - Kultur&Medien / Ausstellung | ![]() |
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Was von den ermordeten Eltern blieb: eine Gabel | ![]() |
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VON ANNE-CATHERINE SIMON | ![]() |
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Nestroyhof. Erschütternde Ausstellung "für das Kind". | ![]() |
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V
Man weiß nicht, was einen mehr erschüttert: die
Annoncen aus dem in London publizierten Jewish Chronicle 1938 bis 1939,
von denen man einige im Wiener Nestroyhof lesen kann - von Wiener
Eltern, die versuchten, ihre Kinder in Sicherheit zu bringen und
wussten, dass sie sie wohl nie mehr wiedersehen würden; oder die 23
Fotomontagen, die dort an der Wand hängen.
Jedes zeigt einen geöffneten Koffer, mit kärglichem
Inhalt: ein Buch - "Tanzlust der Jugend", "Heidi", "Frag mich was" -
oder eine Schürze, zwei Schuhlöffel oder Schlittschuhe ("zuletzt von
meiner Mutter poliert"), ein Foto von den Eltern oder ein
Puppenkleidchen. Jedes dieser Köfferchen gehört einem jüdischen Kind,
das dank der "Operation Kindertransport" 1939 aus Deutschland oder
Österreich nach England gebracht wurde.
Den meisten dieser Kinder blieb von den Eltern nur
ein Pullover, ein Familienbild, die Schrift der Mutter im Stammbuch.
Rund zehntausend Leben hat der "Kindertransport" innerhalb von neun
Monaten gerettet, mit hundert Zugreisen. Die von den britischen
Künstlerinnen Rosie Potter und Patricia Ayre initiierte beklemmende
Installation "für das Kind" in den unterirdischen Gewölben des Wiener
Nestroyhofs erinnert an die Opfer und an jene, die ihnen damals
geholfen haben.
In einem der Koffer liegt nur eine kleine Gabel, sie
gehört Bertha Leverton, einem ehemaligen "Kind". Leverton ist zur
Ausstellungseröffnung gekommen, sie erzählt die Geschichte einer aus
Wien stammenden israelischen Parlamentarierin, die ebenfalls 1939 mit
ihrer kleinen Schwester für den ,Kindertransport' angemeldet wurde.
"Kurz vor der Reise jammerte die kleine Schwester über Bauchweh, sodass
die Mutter die ganze Nacht bei ihr blieb. Tags darauf gestand die
Kleine der Schwester, sie habe das Bauchweh nur vorgetäuscht, um die
Mutter noch bei sich zu haben. Die ältere Schwester erzählte das der
Mutter, worauf die Mutter die kleine Schwester wieder abmeldete. Bis
heute sage sich diese Frau: ,Hätte ich meiner Mutter damals nichts
gesagt, hätte ich heute noch eine kleine Schwester.'"
Auch Inge Jacobs rettete der "Kindertransport", im
"Presse"-Gespräch erzählte sie von einer ihrer letzten Erinnerungen an
Wien: "Wir standen endlos lang im Belvedere wegen der Visa, und ein
Mann vor mir fragte laut, warum das so lang dauert, wenn man uns doch
draußen haben will; ich werde nie vergessen, was der Beamte darauf
sagte: ,Es heißt ja nicht Juda verreise, sondern Juda verrecke'."
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