Wien Museum: Schiele & Roessler Förderer - Sammler -
Mythenmacher
Das Genie und sein Förderer
Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer Der Journalist, Galerist und
Publizist Arthur Roessler hat schon früh das Talent Schieles erkannt. Die
Sommerausstellung des Wien Museums widmet sich dem Nachlass des
Kunstkenners und Förderers. Die Ausstellung läuft bis 10. Oktober.
Mit Architekt Luigi Blau haben die Kuratorin Ursula
Storch und der Kurator Tobias G. Natter eine wunderbare Kombination von
kulinarischer wie wissenschaftlich fundierter Schau erstellt, die sich
auch den heutigen Begriffen wie Networking und Talentscout nicht
verschließt, um die Aktualität dieser Wiener Persönlichkeit zu
unterstreichen. Zu dem im Vorjahr erschienenen Buch von Natter über
die bekanntesten Wiener Mäzene und ihre Frauen nach 1900, bietet nun der
Ausstellungskatalog (im Hatje Cantz-Verlag erschienen) die Konzentration
auf den 13 Jahre älteren Mäzen Schieles, der den Märtyrermythos vom
verkannten und einsamen Künstler erst schürte, um ihn dann international
groß zu machen (was ihm ja auch nachhaltig gelang). Dabei übertrieb er,
ging weit über die Wahrheit hinaus, was auch seinem Entdeckerstatus
diente. Zu den fundierten wissenschaftlichen und kritischen Texten der
Kuratoren, von Hans Bisanz, Hansjörg Krug und Eva-Maria Orosz, kommen
nicht nur die wichtigsten von 1.500 Kunstwerken und Sammelobjekten,
sondern auch ein Teil der Briefe, Dokumente, Ex-Libris-Blätter und Fotos.
In der Schau werden eingangs die bald nach dem Tod Schieles
erschienenen Publikationen samt den vielen anderen Werken Roesslers in
einer großen Vitrine präsentiert - etwa Roesslers Schriften über den im
Expressionismus beliebten Begriff der "Gotik". Darum herum erinnern
vergrößerte Fotos an die wilde Mischung von teils barocken und
Ringstraßenzeit-Möbeln, alten Holzfiguren und modernen Bildern und
Zeichnungen in der Wohnung des Ehepaars Roessler. Otto Rudolf Schatz
hatte 1922 achtzehn Illustrationen zu Roesslers "Stimmung der Gotik" (in
der Gegenwart) in Holz geschnitten, viele der Künstler haben den Förderer
auch porträtiert. In Briefen (bis auf Gütersloh: "Ach bitte, retten sie
mich ein wenig, und sofort") haben sie ihn ganz plump um Geld "angepumpt".
Athur Roesslers Schiele-Sammlung ist natürlich nicht mehr ganz im
Nachlass erhalten, den das Museum 1961 gegen Leibrente bekam. Einige Werke
sind verloren (aber in Schwarz-Weiß-Aufnahmen zu sehen), vier wichtige hat
der Sammler Rudolf Leopold (dessen Interview eine nötige ambivalente
Haltung bestätigt) noch von Roessler gekauft, andere sind in der Albertina
(Ankäufe durch Direktor Benesch). Daneben werden aber auch die wenigen
von ihm an Schiele vermittelten Förderer in gemalten Bildnissen gezeigt:
Kosmack, Hauer, Reichel, Reininghaus und Otto Wagner. Auch zahlreiche
andere Künstler, die Roessler sammelte, fanden Eingang in die Ausstellung:
Rudolf von Alt, Gustav Klimt, Anton Faistauer, Carry Hauser, Georg Philipp
Wörlen, Albert Paris Gütersloh, Adolf Hölzel, Richard Teschner und den
schon eingangs erwähnten Schatz, von dem Roessler auch wunderbare
Aquarelle besaß. Grafiken sind ebenso vertreten: Die unbekannten, aber
sehr interessanten Josef von Divécky und Willi Geiger sind in einem
Ovalraum präsentiert.
Stete Sammlerleidenschaft
Das
Ehepaar Roessler besaß eine große Zahl von Zeichnungen Schieles, viele
davon Akte, die in einer kleinen Auswahl auch einen etwas linkischen, sich
verzeichnenden Künstler zeigen: Erholsam im immer noch anhaltenden
Genieboom. Ebenso wie die wertfreien Analysen des Mäzens, der vom geradezu
gnostisch aufgefassten Expressionismus direkt der Nazikunst verfällt.
Auch Blätter, die zweiseitig bearbeitet sind, oder einfach auf
Einladungskarten gezeichnet oder gemalt wurden, wurden gehängt. Frau Ida
Roessler ist neben Schiele unter anderem von Faistauer, Jungnickel und
Tischler porträtiert worden. Roessler besaß auch spätgotische Figuren: das
Bild eines "Schmerzensmanns" nach Dürer, einen hinreißenden Leopold Carl
Müller, auch Laske, Kubin und Orlik. Nach der geistigen wie
praktischen Aneignung Schieles - in Form des Nachlasses, den er seiner
Mutter mit einem nicht sehr für ihn einnehmenden Vertrag abnahm - und dem
erfolgreichen Promoting hatte Roessler Wörlen versprochen "genau so groß"
zu machen. Dies und viele andere, allerdings oft absichtliche
Aussagen, tragen zum Mythos bei, den Arthur Roessler - ganz im Sinn des
expressionistischen patetischen Lebensgefühls - für Egon Schiele aufgebaut
hat.
Erschienen am: 08.07.2004 |
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