Sammlung Essl Klosterneuburg: Elke Krystufek
Eine Anti-Antigone in der kühlen Revolution von heute
Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer
In Klosterneuburg wird man schon bei der Anfahrt zur Sammlung
Essl mit den Werbeflaggen für "Nackt & Mobil - Elke Krystufek"
empfangen. Die Künstlerin blickt auf dem Plakat und am Cover des Kataloges
verwandelt zur Ethnoqueen mit Perücke aus einem gemalten Selbstporträt
starr auf die Betrachter. Bis 27. April zeigt sie eine Werkschau ihrer
zwölf Jahre auf dem internationalen Kunstmarkt von den frühen
Trash-Hängecollagen, die den Auftakt in der Galerie Metropol
dokumentieren, über ihre immer wiederkehrenden Selbstbildnisse in
Zeichnung, Malerei und Fotografie, die Identifikationen mit Marilyn Monroe
und anderen Figuren des Zeitgeists, in deren Outfit sie oft schlüpft, die
großartige Serie von Foto-Collagen mit Schrift zum Werk von Otto Weininger
"Geschlecht und Charakter", bis zu Installationen, der eigenen
Kunstsammlung von Kollegen, der integrierten Kleidersammlung und neuen,
extra zur Schau und für den Katalog geschaffenen Collagen aus Fotos,
Aufnahmen von eigenen Werken und Schrift. Sie verrät, dass einer der
Aktionisten ihre Arbeit als eine böse Abrechnung mit den klassischen
Wiener Positionen von Mühl, Brus, Nitsch usw. empfindet und tatsächlich
ist an dieser Bemerkung, auch wenn Elke Krystufek widerspricht, etwas
enthalten, das ihr Agieren betrifft. Elke Krystufek hat schon als
Schülerin von Rainer in ersten Aktionen verstanden das Publikum an jene
Ränder zu bringen, die früher den Skandal auslösten: Selbstverletzung,
erotische Offenheit bis zum Pornografischen und Provokation durch
Verkleidungen - Verändern von Identitäten. Für die Ausstellung
"Jetztzeit" in der Kunsthalle am Karlsplatz hatte sie eine Badezimmer
nachbauen lassen, um sich in der Wanne während der Eröffnung selbst zu
befriedigen. Sie gab mit ihrer Galerie Kataloge mit bearbeiteten
pornografischen Aufnahmen als wild beschriebenes Schulheft für Religion
heraus und kam schnell in die renommiertesten Kunsttempel. Ihre Tabubrüche
und der Einsatz des eigenen Körpers waren aber auch immer ein Hinweis auf
die eigene sehr zerbrechliche Psyche einer Generation, in der Magersucht
bis zur Selbstopferung zur häufigsten Pubertätskrankheit zählt. Ihr
Umgang mit vielen Medien, inklusive einbezogener Schriften, hat natürlich
mit den frühen Kämpfen der sechziger und siebziger Jahre um Erweiterung
der Kunst in mehreren feministischen Wellen wenig zu tun, wenngleich sie
auch diese in ihre ambivalente Haltung zu Kunst und Kunstbetrieb
integriert. Genauso wie sie in "Elke Krystufek liest Otto Weininger"
schonungslos den Dichter einer extrem frauenfeindlichen Epoche in ihrer
Collagen "aufblättert", geht sie auch mit Van Gogh, aber auch mit ihren
Zeitgenossen und Kollegen ohne Ehrerbietung um. Dafür entlarvt sie auch
Diskriminierung und Gewalt in Konzepten, die auch vor den Strukturen der
Freizeit- und popigen "Spaßkultur" nicht halt machen. Sie verweist nicht
nur auf die hemmungslosen Anhänger einer männlich dominierten Theorie des
Erhabenen in der Kunst, sie spürt auch die anhaltende Verlogenheit der
Gesellschaft und die vielen retardierenden Momente der Moderne (oder
Nachmoderne) auf. Ausgehend von Selbstreflexionen ist sie Gilbert
& George und Andy Warhol bzw. Gina Pane u. a. internationalen
Positionen aber wahrscheinlich ähnlicher als den im österreichischen
Nachkriegsbürgertum und Katholizismus kritisch wühlenden Aktionisten. Denn
auch das ist für ihre Generation charakteristisch: sie orientiert sich
wenig an dem hierzulande Vorbildlichen, viel mehr an der amerikanischen
bzw. globalen Kunstszene und damit an der Realität des Heute.
Erschienen am: 04.03.2003 |
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Sammlung Essl Klosterneuburg: Elke Krystufek
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