Wer kennt heute schon die Namen hinter der Werbung? Die
Kreativen, die das aufregende Plakat an der nächsten Straßenecke entworfen
haben? Wer hat nicht schon einmal einen achtungsvollen Blick in Richtung
des traditionsreichen Herrenausstatters "Knize" am Graben geschickt, wo
sich klar und zeitlos-elegant der Firmenschriftzug über dem Eingang
abhebt. Sein Schöpfer: Der 1887 in Wien geborene und 1938 in Hollywood
gestorbene Ernst Deutsch-Dryden, bekannt für seinen extravaganten Stil in
seiner Arbeit wie in seinem Leben.
Das Wiener Museum für angewandte Kunst bricht mit der
Ausstellung "En Vogue" einmal mehr eine zwar kleine, aber stolze Lanze für
den unbedankten Beruf des Gestalters - heute würde man ihn Designer
nennen. Die Kunstblättersammlung bietet eine Fundgrube für intime
Präsentationen großer Gebrauchsgraphiker ihrer Zeit, die heute völlig in
Vergessenheit geraten sind. Diesmal wurde das Werk und das
außergewöhnliche Leben des Graphikers, Modezeichners und Plakatkünstlers
Ernst Deutsch aufbereitet, der unter dem Pseudonym Dryden in Berlin, Paris
und Hollywood Karriere machte.
Sein Leben verbrachte er im Umkreis der schillernden
Modebranche in Paris und der Filmstars in den USA, zeichnete für die
Vogue, entwarf Kostüme für Marlene Dietrich. Die Gästelisten seiner
Parties lesen sich wie das Who is Who der amerikanischen Emigranten- und
Künstlerszene: Ernst Lubitsch, Arnold Schönberg, Heinrich und Thomas Mann,
Billy Wilder, dessen Freund und Mentor er war. Im Alter von nur 51 Jahren
starb er in seiner Villa in Hollywood überraschend an Herzversagen.
Rasch wie sein Tod vollzog sich auch seine Karriere: In
Wien war noch Gustav Klimt der Lehrer des Sohnes einer ungarisch-jüdischen
Familie, doch mit 23 Jahren schon zog es Deutsch ins moderne Berlin. In
kürzester Zeit wurde er ein renommierter Graphiker, zählte mit Julius
Klinger und Lucian Bernhard zu den Protagonisten eines neuen Plakatstils.
Mit seinem für ein "Salamander Schuhe"-Sujet gewählten Ausschnitt brach er
1912 ein nicht mehr nachvollziehbares Tabu: Er zeigte für damals
unschicklich entblößte Füße dreier Damen, verbannte so den Betrachter in
die Rolle des Voyeurs.
Nach dem Krieg änderte Ernst Deutsch seinen Namen auf
Dryden, ließ sich scheiden, ging 1926 nach Paris, 1933 nach New York,
inszenierte sich als mondäner Dandy und wurde für Billy Wilder zum
"Inbegriff der Eleganz". sp
Bis 14. Juli. Di. - So. von 10 bis 18 Uhr.
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