VN Di, 25.9.2001

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Was bleibt vom Menschen?

Installation von Ewa Kaja in der Johanneskirche in Feldkirch

Feldkirch (VN-ag) Ist die Feldkircher Johanneskirche zu einem Refugium für brave Hausarbeit geworden? Mitnichten - wo vor kurzem noch Ruth Schnell in ihrer großartigen Videoarbeit geschrubbt hat, was das Zeug hält, bläht sich nun weiße Wäsche im Wind. Ein hochästhetisches Bild und leere, auratische Hüllen, die es mit Inhalt zu füllen gilt.

Da hängen sie, fein säuberlich in Reih und Glied, adrett mit Wäscheklammern befestigt, Hemd neben Hose neben Pulli neben Bluse. Was nach einem großen Waschtag aussieht, ist die aktuelle Installation von Ewa Kaja. Kleidungsstücke und Gewänder begleiten das künstlerische Schaffen der 1967 in Polen geborenen, in Wien lebenden und arbeitenden Ewa Kaja bereits seit längerer Zeit. Waren es zunächst noch stärker skulptural geprägte Objekte, so stellt Ewa Kaja in ihren jüngsten Werken eine ebenso schlichte wie eindringliche Frage: Was bleibt vom Menschen?

Äußere Hüllen . . .

Als äußere Hüllen, aus denen der Mensch längst gewichen ist, " . . . wirken diese Kleidungsstücke fast wie Reliquien von jemandem, der für immer gegangen ist . . . oder vielleicht ist dieses beharrliche Betrachten so banaler Dinge für sie auch fast schon eine Offenbarung und sie begreift plötzlich, wer derjenige ist, der sie benutzt, der sie mit seinem Körper erwärmt und jetzt, wohl ohne Absicht, hier hat liegenlassen, um Zeugnis von sich zu geben . . ." (nach Pier Paolo Pasolini, "Teorema"). Wenn nun also rund zwanzig Reihen von Wäscheleinen, dicht an dicht vollgehängt mit unschuldig weißer Wäsche, einen Kirchenraum besetzen, so ist diese Aktion nur scheinbar banal und nur scheinbar ein gigantisches Wäscheaufhängen in einem zweckentfremdeten Raum. Vielmehr verweist die Installation auf etwas Multifunktionales und hat unzählige Anknüpfungspunkte. Ewa Kaja schlägt vor, aber sie legt sich nicht fest.

. . . zur Masse verdichtet

Auch wenn der Mensch in den Installationen von Ewa Kaja selbst nicht vorkommt, so vertreten die Kleider symbolisch die Personen, denen sie einmal gehört haben mögen und deren Aura an diesem besonderen Ort deutlich spürbar wird. Über die leeren Gewandhüllen füllt sich der Raum wieder mit Personen, die individuellen Kleidungsstücke verdichten sich zu einer Masse. Gleichzeitig verstärkt sich durch den Wind aber auch der Eindruck von Verlassenheit, so als befände man sich in einem zugigen Gebäude.

Es lässt sich viel an dieser Arbeit festmachen, die erstmals seit längerer Zeit auch wieder den Raum im Tageslicht, und damit in seiner Gesamtheit, einbezieht: die Farbe Weiß, die angetönte Frage nach dem letzten Hemd, die Rolle der Frau in der katholischen Kirche . . .

Andererseits verknüpfen sich die leeren Gewandhüllen auch mit einem traurigen Inhalt. " . . . die Lebendigkeit dieser armseligen, prosaischen Kleidungsstücke steht in absurdem Kontrast zur Ferne, die deren Besitzer erreicht hat . . ." (Pasolini).

Installation von Ewa Kaja in der Johanneskirche. (Foto: A. Grabher)




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