Feldkirch (VN-ag) Ist die
Feldkircher Johanneskirche zu einem Refugium für brave Hausarbeit
geworden? Mitnichten - wo vor kurzem noch Ruth Schnell in ihrer
großartigen Videoarbeit geschrubbt hat, was das Zeug hält, bläht
sich nun weiße Wäsche im Wind. Ein hochästhetisches Bild und leere,
auratische Hüllen, die es mit Inhalt zu füllen gilt.
Da hängen sie, fein säuberlich in Reih und Glied, adrett
mit Wäscheklammern befestigt, Hemd neben Hose neben Pulli neben
Bluse. Was nach einem großen Waschtag aussieht, ist die aktuelle
Installation von Ewa Kaja. Kleidungsstücke und Gewänder begleiten
das künstlerische Schaffen der 1967 in Polen geborenen, in Wien
lebenden und arbeitenden Ewa Kaja bereits seit längerer Zeit. Waren
es zunächst noch stärker skulptural geprägte Objekte, so stellt Ewa
Kaja in ihren jüngsten Werken eine ebenso schlichte wie
eindringliche Frage: Was bleibt vom Menschen?
Äußere Hüllen . . .
Als äußere Hüllen, aus denen der Mensch längst gewichen
ist, " . . . wirken diese Kleidungsstücke fast wie Reliquien von
jemandem, der für immer gegangen ist . . . oder vielleicht ist
dieses beharrliche Betrachten so banaler Dinge für sie auch fast
schon eine Offenbarung und sie begreift plötzlich, wer derjenige
ist, der sie benutzt, der sie mit seinem Körper erwärmt und jetzt,
wohl ohne Absicht, hier hat liegenlassen, um Zeugnis von sich zu
geben . . ." (nach Pier Paolo Pasolini, "Teorema"). Wenn nun also
rund zwanzig Reihen von Wäscheleinen, dicht an dicht vollgehängt mit
unschuldig weißer Wäsche, einen Kirchenraum besetzen, so ist diese
Aktion nur scheinbar banal und nur scheinbar ein gigantisches
Wäscheaufhängen in einem zweckentfremdeten Raum. Vielmehr verweist
die Installation auf etwas Multifunktionales und hat unzählige
Anknüpfungspunkte. Ewa Kaja schlägt vor, aber sie legt sich nicht
fest.
. . . zur Masse verdichtet
Auch wenn der Mensch in den Installationen von Ewa Kaja
selbst nicht vorkommt, so vertreten die Kleider symbolisch die
Personen, denen sie einmal gehört haben mögen und deren Aura an
diesem besonderen Ort deutlich spürbar wird. Über die leeren
Gewandhüllen füllt sich der Raum wieder mit Personen, die
individuellen Kleidungsstücke verdichten sich zu einer Masse.
Gleichzeitig verstärkt sich durch den Wind aber auch der Eindruck
von Verlassenheit, so als befände man sich in einem zugigen Gebäude.
Es lässt sich viel an dieser Arbeit festmachen, die erstmals seit
längerer Zeit auch wieder den Raum im Tageslicht, und damit in
seiner Gesamtheit, einbezieht: die Farbe Weiß, die angetönte Frage
nach dem letzten Hemd, die Rolle der Frau in der katholischen Kirche
. . .
Andererseits verknüpfen sich die leeren Gewandhüllen auch mit
einem traurigen Inhalt. " . . . die Lebendigkeit dieser armseligen,
prosaischen Kleidungsstücke steht in absurdem Kontrast zur Ferne,
die deren Besitzer erreicht hat . . ." (Pasolini).
Installation von Ewa Kaja in der Johanneskirche.
(Foto: A. Grabher)