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Hallo, lieber Otto, hier spricht Kunst

15.11.2007 | 18:15 | ALMUTH SPIEGLER (Die Presse)

Oder besser doch nicht. Wo Pater Schörghofer es doch so viel charmanter kann.

Nur einer, der Wiener Weihbischof Franz Scharl, sollte nicht mehr zu diesem Hörer greifen. Wer auch immer ihm seine Festrede zum heurigen Otto-Mauer-Preis eingegeben hat, einer ist es sicher nicht gewesen, der legendär feurige Monsignore himself. Die Preisträgerin selbst schienen die vorgetragenen Phrasen jedenfalls nicht gestört zu haben, sie sagte artig Danke. Also Blumen. Foto. Entlassung. Amen.

Einmal im Jahr darf man im Erzbischöflichen Palais live dabei zusehen, wie Kunst und Kirche einander anschweigen. Und wahrscheinlich hätten sie sich schon viel länger nichts zu sagen gehabt, hätte es nicht diese Ausnahmefigur Otto Mauer gegeben, diesen großen Mentor und Vermittler. So jedenfalls sein Heiligenbild, das eine ältere Künstlergeneration noch immer im inneren Herrgottswinkerl bewahrt hat. Die Nachgeborenen haben jetzt den Scherbn mit der Avantgarde auf und müssen sich noch dazu Vergleichen von solchen stellen, die dazu ebenfalls nur mehr die übermächtige Überlieferung heranziehen können.

Trotzdem. Wenn schon nicht die Kirche selbst auf diese heutige Situation reagiert, was sie bekanntlich ja prinzipiell äußerst ungern tut, könnten doch zumindest die Künstler selbst sich ein Herz nehmen und dieses Trauerspiel aufmischen – lautstark, leidenschaftlich, fordernd. Mit der 27.Mauer-Preisvergabe am Mittwoch wurde kein neuer Tiefpunkt des Dialogs erreicht, sondern dieser Tiefpunkt nur gehalten. Zumindest für das 30.Jubiläum dieses renommierten Preises sollten sich die Verantwortlichen dringend etwas einfallen lassen.


almuth.spiegler@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.11.2007)


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