Nur einer, der Wiener Weihbischof Franz Scharl, sollte nicht mehr zu diesem Hörer greifen. Wer auch immer ihm seine Festrede zum heurigen Otto-Mauer-Preis eingegeben hat, einer ist es sicher nicht gewesen, der legendär feurige Monsignore himself. Die Preisträgerin selbst schienen die vorgetragenen Phrasen jedenfalls nicht gestört zu haben, sie sagte artig Danke. Also Blumen. Foto. Entlassung. Amen.
Einmal im Jahr
darf man im Erzbischöflichen Palais live dabei zusehen, wie Kunst und
Kirche einander anschweigen. Und wahrscheinlich hätten sie sich schon
viel länger nichts zu sagen gehabt, hätte es nicht diese Ausnahmefigur
Otto Mauer gegeben, diesen großen Mentor und Vermittler. So jedenfalls
sein Heiligenbild, das eine ältere Künstlergeneration noch immer im
inneren Herrgottswinkerl bewahrt hat. Die Nachgeborenen haben jetzt den
Scherbn mit der Avantgarde auf und müssen sich noch dazu Vergleichen
von solchen stellen, die dazu ebenfalls nur mehr die übermächtige
Überlieferung heranziehen können.
Trotzdem. Wenn schon nicht die
Kirche selbst auf diese heutige Situation reagiert, was sie bekanntlich
ja prinzipiell äußerst ungern tut, könnten doch zumindest die Künstler
selbst sich ein Herz nehmen und dieses Trauerspiel aufmischen –
lautstark, leidenschaftlich, fordernd. Mit der 27.Mauer-Preisvergabe am
Mittwoch wurde kein neuer Tiefpunkt des Dialogs erreicht, sondern
dieser Tiefpunkt nur gehalten. Zumindest für das 30.Jubiläum dieses
renommierten Preises sollten sich die Verantwortlichen dringend etwas
einfallen lassen.
almuth.spiegler@diepresse.com
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.11.2007)