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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
04. Oktober 2006
20:34 MESZ
Stille Mäzene gesucht
Diskussion in Graz, warum Österreich eher Sponsoren hat, die einen Werbeträger suchen

Warum Österreich kaum wahre Mäzene hat, sondern Sponsoren, die einen Werbeträger suchen, wurde am Dienstag beim Grazer Kunsthaus Jour Fixe diskutiert. Unbeantwortet blieb, wie finanzielle Förderung eines trotzdem unabhängigen Künstlers aussehen soll.


Graz - Einen Halbstock über den Fertigteilhäuschen, die im steirischen herbst für die Ausstellung Protections - die keine Ausstellung sein will - unter das Fiberglas-Firmament des Kunsthauses gestellt wurden, diskutierte am Dienstagabend ein prominentes Podium das Phänomen des Mäzenatentums. In der gläsernen Needle, von der aus man auf die einer Häuselbauermesse ähnelnden Fläche, wo auch das freie Grazer Radio Helsinki temporär sein Studio installiert hat, hinabblickt, hatte unter anderem Francesca Habsburg, Spross der vierten Generation einer Kunstsammler-Familie, Platz genommen.

Doch die Tochter von Hans Heinrich Thyssen-Bornemisza de Kászon, dessen Malerei-Sammlung, das Museum Thyssen-Bornemisza, heute spanischer Staatsbesitz ist, will sich selbst nicht als Sammlerin bezeichnen: "Ich bin eine Philanthropin und Produzentin von Kunst", die Künstler während ihres Produktionsprozesses unterstützt, erklärt Habsburg den Unterschied, den sie zwischen sich und den "neureichen Sammlern" sieht. Dass jemand Kunst nur um der Kunst Willen unterstützt, sei für viele noch immer so eigenartig, dass ihr etwa in Kroatien, wo Habsburg mit ihrer Arch-Foundation (Art Restauration for Cultural Heritage) tätig ist, noch immer mit größter Skepsis begegnet wird. "Weil sie immer einen Hintergedanken meinerseits befürchten".

Habsburg diskutierte im von Standard-Chefredakteur, Gerfried Sperl, moderierten Gespräch mit der Wiener Galeristin Kerstin Engholm, der Secessions-Präsidentin Barbara Holub sowie dem steirischen Kulturlandesrat Kurt Flecker (SPÖ). Letzterer warnte ebenfalls vor reinem Sponsoring von Wirtschaftstreibenden und der Gefahr von Kunst zur "Prostitution gegenüber einem Abnehmerkartell gezwungen zu werden".

Doch wo seien sie denn, die wahren, stillen Mäzene, die ihren Reichtum in ein kreatives Österreich investieren wollen, fragte Sperl in die Runde. "Das natürliche Mäzenatentum, das es hier gab, ist ausgerottet worden", brachte Galeristin Engholm die jüngere Geschichte Österreichs auf den Punkt, um desillusioniert nachzusetzen, "und der Nachwuchs sind Sammler, die nur kaufen, um auszustellen oder wieder zu verkaufen".

Zufriedener sah Holub die Situation der Secession, die zum Teil "vom Erbe der Künstler selbst" - also von den Eintrittsgeldern für das Beethovenfries - finanziert werde, und sich darüber hinaus über eine "konstruktive Zusammenarbeit im besten Sinne" mit ihrer Sponsor-Bank freue.

Uneins war man darüber, ob man über Steuerentlastungen - für Künstler oder Sammler - die Situation der Kunstproduktion verbessert könnte. Für Habsburg steht fest: "Man muss Risken eingehen, um großartige Kunst zu machen." Das kann man freilich nur mit dem nötigen Kleingeld. (Colette M. Schmidt / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.10.2006)


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