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Vom Verrücktwerden eines Farb-Tänzers
Exzessive Körperarbeit, extreme Posen, direkte Konfrontation - das sind die Begleiterscheinungen, die das Werk des Mettmacher Künstlers Johann Jascha (65) zeitlebens markieren. Die OÖN besuchten Jascha, der demnächst zwei große Ausstellungen eröffnet, in seinem Atelier in Wilhering.

OÖN: Alle Ihre Arbeiten - egal ob der Gestus der Bilder oder Ihre Aktionen - sind von starker körperlicher Präsenz geprägt. Wann war der Auslöser dafür?

Jascha: Dass ich ziemlich eigenwillig bin, ist mir während meiner Mittelschulzeit in Salzburg aufgefallen. In der siebten Klasse hat mein Zeichenprofessor bemerkt, dass meine Arbeiten ziemlich außergewöhnlich sind, und er hat eine Ausstellung meiner Arbeiten in unserer Klasse gemacht. Darin wurden wir das ganze Jahr über unterrichtet.

OÖN: Hat Sie das irritiert beim Lernen?

Jascha: Nein. Das hat mein Ego eher gestärkt. Wobei mich die Schule dann bald nicht mehr wirklich interessiert hat. Das Zeichnen und Malen ist ins Zentrum gerückt, und da man das Malereistudium ohne Matura machen kann, bin ich auf die Akademie gegangen. Mein zweites Studium für Medailleur und Kleinplastik hat mein plastisches Empfinden gut geschult. Was sich auch auf meine Zeichnungen ausgewirkt hat.

OÖN: Das Plastische beschränkt sich bei Ihnen nicht nur auf Objekte und Bilder. Sie arbeiteten ganz stark auch mit Ihrem Körper. Was bedeutet das für Sie?

Jascha: Ich bin ein manischer Tänzer, ich brauche die Bewegung, dieses Spüren mit allen Sinnen. 1963 bin ich nach Wien gekommen, da war der Aktionismus in vollem Gange. Das hat mich elektrisiert. Schließlich war ich aufgrund meines "langzoterten" Äußeren immer der Konfrontation und somit der ununterbrochenen Opposition ausgesetzt. Ich habe dann damals etwa mein Gesicht als "Griff ins Ich" geknetet. Hab' meinen Frust über Kunst und Gesellschaft in polemische Aktionen umgesetzt, die in Fotos dokumentiert sind.

Machte auch "Maulbornos", bei denen ich Mund und Zunge verzogen hab. Schaut grauslich aus, aber schließlich geht es mir immer um das Ganzheitliche im Leben. Und das hat halt nicht nur so genannte "ästhetische" Seiten. Da gibt es eben auch Aggression und Gewalt.

OÖN: Eine großartige Satire war auch Ihr "Schöner Wohnen"-Environment.

Jascha: Da hab' ich einen "antiästhetischen Raum" gebaut. Vollgeramscht mit Klumpert aus meinem Leben, und hab' darin Selbstdarstellungsposen - also statische Aktionen - eingenommen und fotografieren lassen. Ich war der "Lebende Kern" in einer Psychoblase. Diese frühen Arbeiten sind ab nächster Woche im Linzer Nordico zu sehen.

OÖN: Die Opposition ist immer ein starker Antrieb für Ihre Arbeit gewesen. Brauchen Sie - aus der Gewohnheit heraus - die Konfrontation als energetisches Überlebensmittel?

Jascha: Nun. Ich habe daraus sicher mein Weltbild aufgebaut. Diese intensive Kommunikation war ja auch durchaus lustvoll. Ich brauche diese Reize.

OÖN: Diese "Reize" bleiben Ihnen ja auch heute nicht erspart: Ihre preisgekrönten Kunstwerke werden ein paar Monate darauf verrückt, wie etwa kürzlich in Leonding. Was empfinden Sie als quasi (im konkreten Sinn) "verrückter" Künstler?

Jascha: (Lachend) Das passt gut auf das Hin- und Herrücken meiner Plastiken. Der Bürgermeister in Leonding wollte halt lieber sein Busenwunder (Anm. d. Red: OÖN vom 20. 8. 2007). Aber ich will meine Energie nicht mehr für sowas Sinnloses vergeuden.

OÖN: Gibt es noch etwas, was Sie aktuell stört?

Jascha: Ja. Dass Linz für die EU-Kulturhauptstadt 2009 lieber etwas gerade Gängiges von außen einkauft, als seine lokalen Künstler zu zeigen. Wir sind zu wenig attraktiv für die.

OÖN: Zurück zur Bewegung, die Sie ja auch in Ihren farbintensiven großen Zeichnungen vermitteln. Zu welcher Musik tanzen Sie eigentlich am liebsten?

Jascha: Hängt davon ab. So richtig exzessiv austanzen konnte ich mich zu Jimi Hendrix. Seine Emotion hat mir am meisten entsprochen. Je authentischer, umso näher bin ich dran, bin auch in Afrika bei einem afrikanischen Tanzmeister ausgebildet worden.

OÖN: Das Authentische als Lebensphilosophie?

Jascha: Genau. Das Echte. Auf allen Ebenen, von der Sexualität bis zum Essen. In seiner Ganzheitlichkeit.

Biografie

Geboren am 13. 2. 1942 in Mettmach, OÖ. Malereistudium an der Akademie der Bildenden Künste Wien; weiters Medalleurkunst, Kleinplastik, Zeichnung und Reliefkunst. Internationale Ausstellungstätigkeit. Kunst-am-Bau-Projekte vielfach ausgezeichnet.

Aktuelles

1. "Sonderausstellung Johann Jascha" (Vernissage: 15. 9. 2007, 20 Uhr, Geschichtliches Museum der Stadt St. Valentin): Neue Werke sowie eine speziell für die Ausstellung bemalte Keramikserie.

2. "Jascha Aktion und Fotos 1970-2007" (Vernissage im Linzer Stadtmuseum Nordico am 18. 9. 2007; 19 Uhr): Schwerpunkt auf das Frühwerk.

OÖnachrichten vom 14.09.2007
 
   



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