Chillida und Tàpies in Berlin

Das Solomon-Guggenheim-Museum zeigt bis 27. September Werke der beiden spanischen Giganten aus den 50er Jahren bis zur Gegenwart.


Eigentlich hätte es ja nur eine Chillida-Ausstellung werden sollen. Aber mit dem Material von Plastiken ist es so eine Sache: Viele der massiven Stahlexponate von Chillida waren schlichtweg zu schwer, um sie transportieren und in den Räumen präsentieren zu können. So beharrt das Material auf seinen Bedingungen und schafft hier staunenswerte Realitäten.

Eduardo Chillida,
Eduardo Chillida, "Iru Burni", 1966 / ©Bild: VG Bild-Kunst, Bonn 2002

Zwei spanische Urgewalten

Geht man nun durch die Ausstellung, so kann man erstaunliche Parallelen zwischen den beiden spanischen Künstlern feststellen. Beide sind stark geprägt von der unmittelbaren Landschaft Spaniens. Verarbeitet Chillida das Licht des Baskenlands in seinen Skulpturen, so basiert das Werk Tàpies auf seinen katalanischen Wurzeln und der Erfahrung des spanischen Bürgerkriegs. Die Gemälde von Tàpies und seine Assemblagen vermitteln mit ihren dunklen Tönen und eingearbeiteten Stofffetzen diese existenziellen Erfahrungen.

Antoni Tàpies,
Antoni Tàpies, "Ohne Titel", 1961 / ©Bild: Fondation Antoni Tapies Barcelona / VG Bild-Kunst, Bonn 2002

Tàpies Werdegang

Der 1923 in Barcelona geborenen Tàpies erlebte als Jugendlicher die Zerstörung Spaniens im Bürgerkrieg und die massive Unterdrückung durch das repressive Regime General Francos. Verbote und internationale Isolierung hinterlassen bei ihm tiefe Spuren.

Inspiration lieferten den Daheimgebliebenen die Surrealisten der Vorkriegszeit. Für Tàpies wird der Kontakt mit dem Dichter Josep Vicenc Roix, dem Sammler und Publizisten Joan Prats und dem Künstler Juan Miró prägend. Tàpies reizt das unbewusste Element, die automatistische Arbeitsweise der Surrealisten.

Mystisches Repertoire

Es entstehen frühe Collagen aus Zeitungsschnipseln, Schnüren, Folien und Stoff. Wie die Surrealisten, interessiert sich Tàpies für Okkultismus und Mystizismus. Aus seiner Auseinandersetzung mit dem katalanischen Mystiker Ramon Luli nimmt er die Symbole des Kreises, des Kreuzes sowie Buchstaben in seinen Arbeiten auf.

Aufbruch zu neuen Ufern

Auch Tàpies verlässt wie Chillida Spanien und geht in den 50er Jahren nach Paris und New York. Er lernt die "Informel" und die Abstrakten Expressionisten kennen und studiert deren Werke eindringlich. Damals beginnt er, an dicht strukturierten Bildern zu arbeiten. Tàpies sieht sie als Wand von unterschiedlichen Stoffen.

Seine skulpturalen Bilder

Tàpies beginnt vermehrt unterschiedliche Materialien unter die Farbe zu mischen. Mamorstaub, Kalk, Haare oder Sand werden mit Farbe vermengt und auf die Leinwand aufgetragen. Es entstehen dicht beschichtete düstere großformatige Bilder, die noch immer nach einem gewissen surrealistischen Zufallsprinzip anhängen.

Gemeinsame Präsentation

Der Besucher des Guggenheim-Museums in Berlin kann nun Skulptur und Malerei zweier Meister der spanischen Moderne entdecken, die die Geschichte des 20. Jahrhunderts - jeder auf seine unnachahmliche Art - künstlerisch verarbeiteten. In beiden Oeuvren geht es um die Grundfragen der Existenz: Sinn, Not, Hunger, Sexualität, politische Repression, Gewalt und Tod.

Link:

Radio &sterreich 1