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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
18. Dezember 2007
15:59 MEZ
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lab.netculture.at 
Screenshot: lab.netculture.at

Netzkultur zum Angreifen: Open Source Fieber
Seit April des laufenden Jahres wird in den net culture labs in Wien und Dornbirn an diversen Projekten gearbeitet: Frei Musik, freie Information, freie Kunst

Wien - Die Idee des Open Source als gegenständliche Kultur-Produkte: Eine "Burnstation", an der man sich lizenzfreie Musik zusammenstellen und auf CD brennen kann, eine Stickmaschine, die selbst entworfene Stickmuster wie ein Drucker auf Textil auswirft oder ein Online-"Konferenzzimmer" für Deutschlehrende aus aller Welt, in denen Lehrmaterialien und Methoden auch auditiv ausgetauscht werden können. Heute, Dienstag, zogen die Initiatoren von der Telekom Austria und die Kuratoren der ersten Projekte in den net culture labs im Wiener Museumsquartier eine erste Bilanz über das seit April bestehende Netzkultur-Projekt.

Videoübertragung wird Empfangskanal schlechthih

18 Projekte wurden in den net culture labs in Wien und Dornbin bisher finanziell, organisatorisch oder technisch unterstützt, etwa 75 angemeldete "Regulars" nutzen die Infrastruktur für ihre Tüfteleien. "Die Bedürfnisse sind sehr unterschiedlich", erklärte Kurator Roland Alton-Scheidl, künftig werde man aber vor allem im Bereich "Video-on-demand" einen Schwerpunkt setzen. Mit einer Steigerung der Bandbreiten "in Zehnerpotenzen" werde die Videoübertragung in drei bis fünf Jahren "der Empfangskanal" schlechthin sein - ein weites Feld für Experimente. Für Helmut Leopold von der Telekom Austria ist die Unterstützung der freien Entwicklerszene Teil einer Überlebensstrategie in der sich rasend schnell verändernden Telekommunikations-Branche. "Die Ideen entstehen überall auf der Welt, nicht nur dort, wo es viel Geld für ihre Umsetzung gibt."

Und die Ideen sind vielfältig, wie die ausgewählten fünf Projekte beweisen, die heute vorgestellt wurden. Mit der "Burnstation", die Open Source aus jeder Pore atmet, wird in Wien zum ersten Mal eine "mobile Kopierstation" aufgestellt. An allen Bestandteilen - vom Gehäuse bis zur Software - kann durch Zugänglichkeit von Bauplänen und Programmierung von jedermann weiter gebastelt werden - und für die, die das gar nicht wollen, gibt es einfach freie Distribution in Reinkultur. So enthält die "Burnstation" lizenzfreie Musik, die in individuellen und austauschbaren Playlists zusammengestellt und vor Ort gebrannt werden kann. Wie sich die Open Source-Idee auf die Mode auswirken könnte, zeigt ein Projekt von Raphaela Grundnigg, die sich die Software von Stickmaschinen vorgenommen hat. Freie und individuelle Kreation von Stickmustern soll durch ein Online-Tool möglich werden, bei dem die Entwürfe in einem Format abgespeichert werden, das von der Stickmaschine "als einfache Druckerfunktion" übernommen wird.

Zwei weitere Projekte haben die Vernetzung ganz bestimmter Berufsgruppen zum Ziel. "Cropster" heißt die Plattform, die durch Kaffeebauern in Kolumbien angeregt wurde, die bei Vermarktung und Kommunikation untereinander, aber auch mit dem Endverbraucher unterstützt und damit aus der Anonymität geholt werden sollen. Informationsaustausch als Basis für bessere berufliche Leistung ist auch die Idee der Web 2.0 Community "Deutsch als Fremdsprache", die Deutschlehrende aus aller Welt in Live-Online-Räumen zusammenbringt, um gemeinsame Lehrmethoden zu entwickeln und beispielsweise auch die Aussprache des Deutschen zu perfektionieren. Anwendbarkeit für jedermann, auch ohne IT-Kenntnisse, lautet das Motto all dieser Projekte, wie Kurator Gerin Trautenberger betonte. Netzkultur solle schließlich nicht nur "im Netz" erlebt werden - "Es geht um die Transmission zwischen Netzkultur und realem Raum." (APA)


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