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Was bedeutet Kunst für Sie?
Meine Gefühle und Eindrücke zu transformieren und so zu übersetzen, dass sie auch für andere Menschen erfahrbar sind.

Woher kommt Ihre Kreativität?
Aus mir selbst, aus meinen Träumen.

Ihr Motto lautet?
Ich habe keines.
Judith Fegerl, Installationen
Nicht auf ein Medium festgelegt
"Ich wollte schon immer Kunst studieren, für mich gab es nichts anderes - trotz des Intermezzos auf der Wirtschafts-Uni. Ich habe sogar versucht, dieses Interesse zu unterdrücken, weil bei mir zu Hause ein künstlerischer Beruf als 'nicht ordentlich' galt. Aber es war unmöglich. Und letztlich habe ich diesen inneren Drang zugelassen. Es kommt eine Idee - und ich muss sie realisieren", erzählt Judith Fegerl, Jahrgang 1977, die seit 1999 an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Peter Kogler Kunst und digitale Medien studiert.

(c) Judith Fegerl
Judith Fegerl

Abschließen wird sie ihr Akademie-Studium im Sommer nächsten Jahres. Um ihre Kenntnisse zu ergänzen, hat sie auch an der Wiener Angewandten bei Peter Weibel visuelle Mediengestaltung besucht und dieses Studium bereits im Vorjahr abgeschlossen. "Ich mag Technik, Computer, Mechanik und Elektronik - und ich will mein Spektrum möglichst weit und offen halten und mich nicht auf ein Medium festlegen", erklärt die Nachwuchs-Künstlerin. Die Liebe zur Technik hat sie von ihrem Vater, einem Nachrichtentechniker, geerbt.
Cross-over-Künstlerin
"Mir ist es wichtig, Erfahrungen weiter zu geben - aber nicht in didaktischer Form. Es sind keine Erfahrungen, die man in Worte fassen könnte, es sind Eindrücke, Gefühle und Zustände, die ich irgendwann erlebt habe. Also eine Verarbeitung in poetischer und in romantischer Weise. Und ich habe keine Angst vor Kitsch. Die Nüchternheit der verwendeten Materialien reduziert auf das Wesentliche - und lässt dem Betrachter den nötigen Freiraum", so Judith Fegerl über ihren künstlerischen Zugang.

(c) Judith Fegerl
"Read Only Memory", Installation (2004): Monochromatisches Licht eines Laserstrahls tastet je einen Tag lang getragene Einweg-Kontaktlinsen ab. Die in der Linse gespeicherten Veränderungen werden durch den Laserstrahl ausgelesen und visualisiert.

"Ich möchte nicht als Video- oder Installationskünstlerin bezeichnet werden. Ich mache Videos, elektronische Installationen, Arbeiten mit Licht, es können aber ebenso Performances sein - und manchmal male ich auch Bilder. Es ist also ein breites Spektrum", stellt Fegerl fest. Ein Künstlerfreund habe sie einmal als Cross-over-Künstlerin bezeichnet: "Er meinte, dass meine Inspiration und dieses Müssen, eine Arbeit zu machen, autobiografische Verlinkungen mit mir selber hat. Also in der Tradition der Alten Meister."
Langwierige Umsetzung
"Das Unberechenbarste ist meistens die Idee - sie kommt, oder kommt nicht. Dann beginnt die Routine - Tüftelei, Pläne, Skizzen machen. Da die meisten Arbeiten kompliziert sind, dauert es mitunter lang, bis sie fertig sind. Bis alles - vom Material bis zu den Kosten - geklärt ist, vergeht bis zur Realisierung manchmal sogar ein Jahr."
Zahlreiche Ausstellungen
Seit 1999 war die junge Künstlerin, wie man ihrer Homepage entnehmen kann, bei zahlreichen Ausstellungen vertreten. Allein heuer waren und sind Fegerls Arbeiten im Rahmen mehrerer Schauen präsent:

(c) Judith Fegerl
"Schwimmer im Tränensee", Video, Loop, (2005): Computer-Animation eines optischen Phänomens, charakteristisch durch schattenhafte Formen. Eine Darstellung von Artefakten, die zwar jeder sieht, die man aber nicht mit einer Kamera aufzeichnen kann.

So u.a. in "Read Only Memory 1.2" beim Rundgang im Semper-Depot, in der Gruppenausstellung "Spuren (Traces) / "gosh! where are you, now?" im Kunstraum Auto, in "Display Hautnah" im Kunstforum Vienna, bei der art position 2005, in der Einzelausstellung "Tracks and Traces" im Kunstraum Auto sowie in der Gruppen-Schau "Computerprints of Whales" in der Galerie der Stadt Wels, die bis Ende des Jahres zu sehen ist.
"Gargoyle Extensions" in Paris
Seit 1. September ist ihre Arbeit "Gargoyle Extensions" im Rahmen des Betonsalon in Paris zu sehen. "Gargoyles sind jene Wasserspeier, die auf alten Häusern angebracht sind. Es sind Fabelwesen - und sie sind ein Bezugspunkt zur Stadt, denn ich wollte für Paris etwas Spezielles schaffen", erklärt Fegerl.

(c) Judith Fegerl
"Gargoyle Extensions": Live-Video-Performance mit Thermografie-Kamera, Betonsalon Paris (2005): Körper-Erweiterungen, die nur mit einer Wärmebildkamera sichtbar werden. Mit bloßem Auge sind diese Besonderheiten nicht erkennbar.

"Es ist eine Live-Installation, die fast an eine Performance grenzt. Ich habe dafür eine Wärmebild-Kamera, verbunden mit einem Videobeamer, aufgestellt. Die Besucher werden gefilmt, die Bilder dann live auf eine Wand projiziert und die Besucher können ihre eigenen Wärmebilder sehen. Einige ausgesuchte Personen sind mit versteckten Wärme- und Kältepolstern ausgestattet, die ihr Wärmebild deformieren. Und so sieht man z. B. jemanden, der einen Buckel wie der Glöckner von Notre Dame hat. Das spannende dabei: Die Menschen sehen zwar normal aus, aber durch die Technik erscheinen sie wie Fabelwesen."
"Profiler" im Kunstraum NÖ
Bereits am 6. Oktober zeigt Fegerl ihre nächste Arbeit. Sie wurde vom Kunstraum NÖ für die Eröffnungsausstellung "Profiler" eingeladen und hat dafür die Installation "Nest" entwickelt. Es ist ein sehr persönlicher Zugang, den die Jungkünstlerin, die selbst Niederösterreicherin ist, für diese Arbeit gewählt hat.

(c) Judith Fegerl
"Nest", Installation (2005): Im Raum hängen viele glühbirnenartige Objekte von der Decke, strahlen aber kein Licht aus. Es ist nichts zu sehen. Um diese Arbeit erfahren zu können, muss man andere Sinne bemühen.

"Es wird eine Wärme-Installation mit Infrarotstrahlen. 36 Elstein Keramik-Dunkelstrahler, wie man sie bei der Kükenaufzucht verwendet, werden von der Decke hängen. Wenn man darunter steht, wird man leicht die Wärme spüren. So vermittle ich meinen Zugang zu Niederösterreich, der vor allem über die Beziehung zu meinen Eltern, die in Mödling wohnen, geht. Es drückt die Geborgenheit, die Liebe und die Zufriedenheit zu Hause aus. Andererseits ist man gefangen, es ist erdrückend, man muss sich arrangieren", beschreibt Fegerl ihre Arbeit.
Disziplin und Durchhaltevermögen
Seit ihrem Studium arbeitet Fegerl nebenbei im Bereich Marketing. "Ich rechne damit, dass ich zumindest in den nächsten fünf Jahren nicht von der Kunst leben kann. Man braucht schon sehr viel Disziplin und großes Durchhaltevermögen, wenn man als freischaffende Künstlerin leben will."

"Aber vielleicht habe ich Glück und bekomme eine Assistentenstelle. Mein Traum ist es, meine Arbeiten ohne finanzielle Sorgen schaffen zu können. Und eine Zeit lang auch im Ausland zu arbeiten", formuliert Judith Fegerl ihre Wünsche.
Text: Matthias Osiecki
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