Der stille Visionär | |
Von Sabine Oppolzer.
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Zeitgenössische Architektur erzählt zu viele Geschichten, klagt Sverre
Fehn. Das lasse die Gebäude allzu überladen wirken. Sein eigenes Werk
hingegen besticht durch Reduziertheit und Poesie gleichermaßen.
Expo-Architktur Sverre Fehn, 1924 geboren und Pritzker-Preisträger des Jahres 1997 gilt
als Visionär seines Fachs. Internationale Aufmerksamkeit erregte er
erstmals mit seinem Entwurf für den norwegischen Pavillion auf der
Weltausstellung in Brüssel 1958.
Sein nächstes herausragendes Gebäude war der nordische Pavillon im Park
der Biennale in Venedig 1962. Stahlbetonträger lassen den Raum nach oben
offen, die zudem von einigen Bäumen durchstoßen wird, die der Architekt
als Herz des Gebäudes erhalten wollte. "Es ist komisch, wenn man in meinem Alter auf diese Dinge
zurückblickt", meint Sverre Fehn zu seinem Venedig-Pavillon. "Es ist so
einfach geschriebene Poesie." Das Gebäude scheint nur aus Licht, Bäumen
und Kunst zu bestehen. Dass die Bäume so wachsen würden, hätte Fehn
niemals vermutet. "Jetzt sehen sie aus wie Elefantenfüße, die mit dem
Pavillon gehen.", so der Architekt bei seinem Wienbesuch. Poetisches Ausstellungskonzept Sverre Fehns Poesie begleitet auch die Arbeiten, die in der Ausstellung
im Ringturm präsentiert werden. Seine Texte erläutern sozusagen die
Bauwerke.
So steht neben dem Einfamilienhaus in Morrköping in Schweden, das er
Anfang der 60er Jahre erbaute: "Du weißt, die Rotunde war ein Scherz, damals als wir das Geheimnis des
Horizonts verloren - es war ein Schock für uns alle, als wir erkannten,
dass die Welt eine Kugel ist und messbar. So machte ich die Erde zu seinem
Labyrinth mit einem einzigen Haus mit vier identischen Fassaden. Wenn man
das Haus in Richtung Westen verlässt und die Welt umrundet, geht man
wieder auf dieselbe Fassade zu." Die Architektur Fehns fügt sich stets harmonisch in die Landschaft ein.
Für Adolph Stiller, Leiter der Veranstaltungsreihe Architektur im Ringturm
sind die offenen Grundrisse und die Kommunikation mit der Umgebung das
Charakteristikum der Arbeit Sverre Fehns. Gebaute... Fehns Hauptwerk ist das Hedemark-Museum aus den 60er Jahren, wo Fehn im
Innenraum einer großen Scheune ein Museum einrichtete. In einem Flügel
sind Reste eines mittelalterlichen Bischofsitzes ausgestellt. Fehn
verbindet hier alt und neu auf erfrischende Weise.
"Man muss die Vergangenheit mit der Gegenwart verbinden", erläutert
Fehn seine Verbindung aus Sichtbeton und mittelalterlichem Gemäuer. "Wenn
man versucht, die Vergangenheit zu kopieren, kommt alles nur
durcheinander", so Fehn. ...und ungebaute Architektur In der Ausstellung zu sehen sind auch zahlreiche Projekte, mit denen
Sverre Fehns Wettbewerbe gewann, ohne die Entwürfe umsetzen zu können. So
zum Beispiel der Erweiterungsbau für das königliche Museum in Kopenhagen.
Diesen Wettbewerb gewann Fehn 1997, dem Jahr als er auch den Pritzker-Preis erhielt. Ein weiteres Beispiel ist das
Theater im Herzen Kopenhagens, das bis heute nicht gebaut wurde. "Es war zu radikal und zu modern für das dänische Volk. Außerdem ist es
wirklich im Herzen der Stadt", gesteht Fehn zu. Drei Jahre wogte die
öffentliche Diskussion dahin, bis Fehn ein 36 Meter hohes 1:1 Modell
errichtete. "Aber es war nicht so leicht für die Leute, das Projekt zu
akzeptieren. Sie streiten noch heute...". Tipp: Die gebauten und ungebauten Projekte von Sverre Fehn sind bis zum 29.
Juni 2001 im Wiener Ringturm zu sehen. | ||||||||||
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