"Catch me if you can" könnte als Motto über allen Skupturen von Julie Hayward stehen: im Bild "I wanna go home".
Ossiach - Nach Hause kommen, bei sich sein, sagt Julie Hayward, und all die damit verbundenen, zwiespältigen, doppelbödigen Gefühle beschäftigen sie. Irgendwie. Und genau sei das natürlich aus ihren Arbeiten so auch nicht herauszulesen. Da hat sie recht. Denn natürlich könnte man ihre raumgreifenden Skulpturen einfach nur als Kompositionen amorpher Formen und unterschiedlicher Materialien wie Polyester, Aluminium, Schaumstoff, Textil, Epoxy, Holz, Eisen, Moosgummi, Kunstleder Filz und Stein sehen. Verwirrend schön. Irritierend glatt. Technoid. Fantastisch. Wären, ja wären da nicht die Titel.
I wanna go home heißt die vom Kuratorinnenduo Silvie Aigner und Ulli Sturm gleichermaßen elegant wie großzügig gestaltete Ausstellung im barocken Ambiente des Stiftes Ossiach. Die titelgebende Skulptur schaut bei der 1968 in Salzburg geborenen Künstlerin jedenfalls eher bestürzend endgültig aus und könnte genauso gut "Last exit to heaven" (or hell?) heißen. Schräg und mehr als zwei Meter hoch, eine Art Seelen-Abschussrampe, deren vier Füße in einer dicken Lacke feststecken, aber nach oben ist sie offen und innen hohl, als sei die Seele längst ins Nirgendwo katapultiert.
Julie Hayward macht aufregende Kunst. Weil die nämlich so ist. Und so auch. Und von der anderen Seite aus betrachtet, so. Und so. Man muss ihre Figuren umkreisen, von unten und oben und seitlich schauen, auch wenn diese Anschauungen eingefahrene Seh- und Interpretationsschienen aus dem Gleichgewicht bringen.
Was Hayward insofern weiß, als sie es einem gleich mit einer kippenden Skulptur aus lackiertem Polyester unter die Nase reibt: Aequilibration sieht aus, als gerieten alte Kutschenwagenräder (oder sind es Hirnganglien? Welt- und Wertesysteme?) in Kipplage. Elsewhere hingegen ist eine betörende Raumzeichnung aus feinen Strichen aus Metallschnüren, die in zwei Schalen (Hirnhälften?) enden, in denen lauter Kügelchen (ungeordnete Gedanken?) liegen. Schön. Aber gefährlich instabil. Daher, ja, genau. Fang mich, wenn du kannst.
Catch me if you can heißt folgerichtig die jüngste Arbeit der in Wien lebenden Künstlerin, die vielen Selbsts und Gedanken sind zu einer amorphen Bewusstseinslacke eingeschmolzen. Aber natürlich könnte man ihre (über-) menschgroßen Objekte einfach nur als gelungene Kompositionen aus Formen, Farben und Materialien sehen. (Andrea Schurian / DER STANDARD, Printausgabe, 22.7.2011)
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