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Mahony: Ans Ende der Welt

30.01.2009 | 10:37 | Von Johanna Hofleitner (Die Presse - Schaufenster)

Erst kamen sie nach Wien, um Mahony zu werden. Nun brechen sie zu einer Reise ins Ungewisse auf: Weltreise als Kunstform. Für ihr bisher größtes Projekt werden sie ihr Atelier mobil machen.

Mahony – ein Name wie Müller oder Meier,
allerdings mit der feinen Zusatznote, dass er nach irischen Auswanderern klingt. Chicago ist voll von Mahonys. Aber auch in Wien gibt es welche – wenngleich die vier, die den Namen hier führen, weder waschechte Iren noch richtige Wiener sind, sondern ihn vielmehr als Nom de Guerre angenommen haben.

„Mahony klang einfach schön“, erinnert sich Stefan Kobatsch, 1975 geborener Stage-Designer, einziger Österreicher und zusammen mit der Kölnerin Jenny Wolka einzig verbliebenes Gründungsmitglied der Gruppe. Asso-ziationen an einen Corker Clan, ein Getränk aus Cornwall oder eine Schweizer Schokolade sind erwünscht. Derlei Verschiebungen sind typisch für Mahony. Das Jonglieren mit Begriffen entspricht dem spielerischen Vorgehen, mit dem sich die Shootingstars vor ein paar Jahren ihren Platz in der Szene erobert haben.

Acht Jahre ist es her, dass sich die Gruppe aus der Schillerplatz-Akademie heraus formierte, anfangs mit wechselnden Konstellationen. Seit der Göttinger Stipendiat und Kommunikationsdesigner Clemens Leuschner („Ich hasste Wien, wollte nach einem halben Jahr wieder weg sein“) und der süddeutsche Konzeptkünstler Andreas Duscha („Jeder tut sich am Anfang schwer“) 2002 dazustießen, ist die Formation fest.

Die große Odyssee. In der Konstellation sitzen sie jetzt auch, umgeben von Aschenbechern und Laptops, in der Teeküche ihres Ateliers. Leuschners „halbes Jahr“ in Wien dauert immer noch an, zumindest ein paar Wochen. Dann ist Aufbruch angesagt, dann beginnt „Odyssey 500“. Es ist Mahonys bisher größtes Projekt, für das sie ein eigenes Kunstzertifikat aufgelegt haben und ihr Atelier mobil machen. In ihrem Existenzialismus wird diese Weltreise ein offenes Kunstwerk sein. Erste Anlaufstelle ist Buenos Aires. Danach geht es ans Südkap nach Ushuaia – „eine Goldgräberstadt, in der der Entdeckergeist verankert ist“ (Duscha) –, wo Mahony an der „2. Bienal del fin del mundo“ (Biennale am Ende der Welt) teilnimmt.

„Die deutsche Fraktion hat damals, 2002, endgültig die Kunst hineingebracht“, resümiert Kobatsch. 2005 etwa stopften die vier das „Sommerloch“, indem sie im Hinterhof ihres Ateliers aus armseligen Materialien wie Pappe, Holz, Paketklebeband eine Pool-Landschaft simulierten. Fotografisch dokumentierte „Sprung“-Aktionen riefen Erinnerungen an Yves Kleins berühmten „Sprung ins Leere“ von 1960 wach.

Die Kartoffel und die Reise. Viel Aufmerksamkeit erlangten Mahony, als sie 2005 in einem Briefwechsel mit den „Wiener Linien“ die Frage nach der nicht existenten U 5 ventilierten und in der Folge einen „Sensationsfund“ – einen (von den Künstlern errichteten) U-Bahn-Steig im Keller einer leer stehenden Fabrik – samt Pseudoarchiv – im Otto-Wagner-Pavillon ausstellten.

Ab da nimmt der Hang zu Mobilität und Vernetzung immer ausgeprägtere Formen an. Für die Installation „schäbiger Mond, leuchte“ in der Galerie Layr Wüstenhagen wandern sie 2006 auf den Spuren Caspar David Friedrichs durch die Sächsische Schweiz. 2007 stellen sie auf der Viennafair ein aus Stellwänden gezimmertes Floß auf und imaginieren in einer Collage das friedliche Zusammenleben mit Robben an einem Strand – erste Anspielungen auf die große Odyssee. Zahlreiche Projekte folgen, jedes einzelne ein Baustein für die geplante Reise.

Ausstellungen mit Kollegen, die sich in ihrer Kunst mit ethnografischen, historischen, mythologischen oder meteorologischen Fragen beschäftigen, finden statt. In Ess-Performances, Skulpturen und Collagen kristallisiert sich die seinerzeit aus Südamerika importierte Kartoffel als Symbol des Reisens und der Bewegung heraus.

Mahonys letzter Coup war das diebische Abschlagen des äußersten Steines vom „Land’s End“ in Wales, zugleich Einstimmung auf den Beitrag für die „Bienal del fin del mundo“. „In der globalisierten Welt bekommt das Ende der Welt eine ganz andere Bedeutung“, sagt Leuschner. „Denn jede Kultur und Mythologie haben ihre eigenen Weltenden. Genau diese Mehrdeutigkeit interessiert uns.“


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