Mahony – ein Name wie Müller oder Meier,
allerdings
mit der feinen Zusatznote, dass er nach irischen Auswanderern klingt.
Chicago ist voll von Mahonys. Aber auch in Wien gibt es welche –
wenngleich die vier, die den Namen hier führen, weder waschechte Iren
noch richtige Wiener sind, sondern ihn vielmehr als Nom de Guerre
angenommen haben.
„Mahony klang einfach schön“, erinnert sich
Stefan Kobatsch, 1975 geborener Stage-Designer, einziger Österreicher
und zusammen mit der Kölnerin Jenny Wolka einzig verbliebenes
Gründungsmitglied der Gruppe. Asso-ziationen an einen Corker Clan, ein
Getränk aus Cornwall oder eine Schweizer Schokolade sind erwünscht.
Derlei Verschiebungen sind typisch für Mahony. Das Jonglieren mit
Begriffen entspricht dem spielerischen Vorgehen, mit dem sich die
Shootingstars vor ein paar Jahren ihren Platz in der Szene erobert
haben.
Acht Jahre ist es her, dass sich die Gruppe aus der
Schillerplatz-Akademie heraus formierte, anfangs mit wechselnden
Konstellationen. Seit der Göttinger Stipendiat und
Kommunikationsdesigner Clemens Leuschner („Ich hasste Wien, wollte nach
einem halben Jahr wieder weg sein“) und der süddeutsche Konzeptkünstler
Andreas Duscha („Jeder tut sich am Anfang schwer“) 2002 dazustießen,
ist die Formation fest.
Die große Odyssee. In
der Konstellation sitzen sie jetzt auch, umgeben von Aschenbechern und
Laptops, in der Teeküche ihres Ateliers. Leuschners „halbes Jahr“ in
Wien dauert immer noch an, zumindest ein paar Wochen. Dann ist Aufbruch
angesagt, dann beginnt „Odyssey 500“. Es ist Mahonys bisher größtes
Projekt, für das sie ein eigenes Kunstzertifikat aufgelegt haben und
ihr Atelier mobil machen. In ihrem Existenzialismus wird diese
Weltreise ein offenes Kunstwerk sein. Erste Anlaufstelle ist Buenos
Aires. Danach geht es ans Südkap nach Ushuaia – „eine Goldgräberstadt,
in der der Entdeckergeist verankert ist“ (Duscha) –, wo Mahony an der
„2. Bienal del fin del mundo“ (Biennale am Ende der Welt) teilnimmt.
„Die
deutsche Fraktion hat damals, 2002, endgültig die Kunst
hineingebracht“, resümiert Kobatsch. 2005 etwa stopften die vier das
„Sommerloch“, indem sie im Hinterhof ihres Ateliers aus armseligen
Materialien wie Pappe, Holz, Paketklebeband eine Pool-Landschaft
simulierten. Fotografisch dokumentierte „Sprung“-Aktionen riefen
Erinnerungen an Yves Kleins berühmten „Sprung ins Leere“ von 1960 wach.
Die Kartoffel und die Reise.
Viel Aufmerksamkeit erlangten Mahony, als sie 2005 in einem
Briefwechsel mit den „Wiener Linien“ die Frage nach der nicht
existenten U 5 ventilierten und in der Folge einen „Sensationsfund“ –
einen (von den Künstlern errichteten) U-Bahn-Steig im Keller einer leer
stehenden Fabrik – samt Pseudoarchiv – im Otto-Wagner-Pavillon
ausstellten.
Ab da nimmt der Hang zu Mobilität und Vernetzung
immer ausgeprägtere Formen an. Für die Installation „schäbiger Mond,
leuchte“ in der Galerie Layr Wüstenhagen wandern sie 2006 auf den
Spuren Caspar David Friedrichs durch die Sächsische Schweiz. 2007
stellen sie auf der Viennafair ein aus Stellwänden gezimmertes Floß auf
und imaginieren in einer Collage das friedliche Zusammenleben mit
Robben an einem Strand – erste Anspielungen auf die große Odyssee.
Zahlreiche Projekte folgen, jedes einzelne ein Baustein für die
geplante Reise.
Ausstellungen mit Kollegen, die sich in ihrer
Kunst mit ethnografischen, historischen, mythologischen oder
meteorologischen Fragen beschäftigen, finden statt. In
Ess-Performances, Skulpturen und Collagen kristallisiert sich die
seinerzeit aus Südamerika importierte Kartoffel als Symbol des Reisens
und der Bewegung heraus.
Mahonys letzter Coup war das
diebische Abschlagen des äußersten Steines vom „Land’s End“ in Wales,
zugleich Einstimmung auf den Beitrag für die „Bienal del fin del
mundo“. „In der globalisierten Welt bekommt das Ende der Welt eine ganz
andere Bedeutung“, sagt Leuschner. „Denn jede Kultur und Mythologie
haben ihre eigenen Weltenden. Genau diese Mehrdeutigkeit interessiert
uns.“