Salzburger Nachrichten am 31. Jänner 2006 - Bereich: Kultur
"Irrsinnspreis" für Klimt
"Das ist skurril bis zum Exzess!" So kommentierte Herbert Liaunig, Unternehmer und
Kunstsammler, am Montag im SN-Gespräch die Diskussionen über den Ankauf
der fünf zu restituierenden Bilder Gustav Klimts durch die Republik
Österreich. Verrückt seien vor allem Preisvorstellungen, die über Medien
kolportiert würden, warnt Liaunig, der selbst so viel zeitgenössische
Kunst gesammelt hat, dass derzeit dafür in Neuhaus in Kärnten ein Museum
gebaut wird, das 2007 fertig sein soll. Mit Sorge beobachte er, wie über Medien der Preis nach oben lizitiert werde,
sagte Liaunig. Kurz vor dem Schiedsgerichtsurteil, also vor etwa drei
Wochen, seien 120 Mill. Euro genannt worden. Dann habe es plötzlich
geheißen, allein das Bild "Adele Bloch-Bauer I" sei auf 110 Mill. Euro zu
schätzen. Doch so einen Preis "hat es noch nie auf der Welt gegeben für
ein Bild". Das bisher teuerste, über ein Auktionshaus verkaufte Bild ist
Picassos "Junger Mann mit Pfeife", das 2004 bei Sotheby`s um 104,17 Mill.
Dollar (85,9 Mill. Euro) versteigert wurde. Unter den zehn teuersten, je versteigerten Bildern ist keines von Gustav Klimt. Der
bisherige Rekord für ein Werk Klimts wurde im November 2003 bei Sotheby's
in New York für das "Landhaus am Attersee" mit 25,4 Mill. Euro erzielt.
Nach Ansicht Liaunigs sei ein Klimt-Bild "auf dem internationalen Markt
realistisch keine zehn Millionen Euro wert". Der jüngste Betrag für die fünf Klimt-Bilder lautet: 255 Millionen Euro. Diesen nannte E.
Randol Schoenberg, Anwalt der Erbin Maria Altmanns, laut Bericht der
Tageszeitung "Der Standard" vom Montag. Liaunig bezeichnete diesen Preis
als "völlig sinnlos". Er fürchte, dass "unbeleckte Politiker" unter dem
medialen Druck diese Bilder trotzdem kauften. "Und der Anwalt wittert das
Geschäft seines Lebens." Wie viel sind 255 Mill. Euro? Dazu ein Vergleich: Die Bundestheater erhalten für vier Bühnen und 2700
Mitarbeiter pro Jahr eine Bundessubvention von 134 Mill. Euro. Alle
Bundesmuseen samt Nationalbibliothek erhalten pro Jahr derzeit 90 Mill.
Euro (inklusive Ankaufsbudget, exklusive Zusatzbudget von je fünf Mill.
Euro für 2005 und 2006 für Sicherheitsanlagen). Das Salzburger Museum der
Moderne bekommt heuer eine Landessubvention (inklusive Ankaufsbudget) von
etwa 3,4 Mill. Euro. Die Österreichische Galerie im Belvedere, wo die fünf Klimt-Bilder derzeit noch sind, sollte
Stammhaus der österreichischen Kunst sein. Doch deren Bestand an Werken
des 20. Jahrhunderts sei beschämend, sagte Liaunig. Das Ankaufsbudget sei
seit Jahrzehnten lächerlich gering. Mit einem Bruchteil von 250 Mill. Euro
könnte für die Sammlung viel mehr erreicht werden als mit den fünf
Klimt-Bildern. Wer österreichische zeitgenössische Kunst sehen wolle,
müsse zur Sammlung von bauMax-Chef Karl-Heinz Essl nach Klosterneuburg.
In Österreich sei sowieso ein Großteil der Werke Klimts, sei es im Oberen Belvedere,
in der Sammlung Leopold oder in Privatbesitz, sagte Liaunig. "Ob wir in
Österreich nun 205 oder 200 Bilder von Klimt haben, ist wurscht." hkk |