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31.05.2006 - Kultur&Medien / Ausstellung | ![]() |
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Strich zurück ins Unbehagen | ![]() |
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VON ALMUTH SPIEGLER | ![]() |
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"Made in Leipzig". Die Sammlung Essl begibt sich auf einen melancholischen Pfad ins zeitgeistig Konservative. | ![]() |
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E Das konnte man sich alles schon anhören, wenn der Name
"Neue Leipziger Schule" fällt. Und wirklich kommt bei diesem Haufen Anfang
30-jähriger Absolventen der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchdruck
viel zusammen, was skeptisch stimmen könnte: Ihre Karrieren sind so steil
wie noch kurz, begannen 2003 mit der Gruppenschau "sieben mal malerei" im
Leipziger Museum der bildenden Künste. Heute erzielt manch Malerei dieser
Herren, von denen einige wegen der traditionellen Ausbildung eigens aus
dem Westen nach Leipzig kamen, bereits Preise bis zu 300.000 Euro. Ihr
internationaler Durchbruch wurde von einem gewieften Galeristen, Gerd
Harry Lybke, "gemacht" - und es sind wirklich vor allem Amerikaner, die
auf die neue Gegenständlichkeit, unwirtliche Interieurs, aber auch
kitschige Kuschelkatzen abfahren. Dass genau diese grausamen Geschmackstests Martin Eders - "so eine Katze muss eine Sammlung erst einmal aushalten" (Lybke) - in der banal betitelten Ausstellung "Made in Leipzig" der Sammlung Essl jetzt fehlen, beruhigt gleich einmal. Zweiter Bonus: Selten, in Österreich noch nie, hat man sich ein so geschlossenes Bild dieses diffusen Gebildes machen können - tauchen in diesen heißen Marktzeiten die meisten Stücke doch nur kurz auf, bei Messen, bei Auktionen. Angenehm unaufgeregt ist dagegen Essls Anspruch, nicht nur Stars wie Neo Rauch oder Matthias Weischer zu präsentieren, sondern das stark verschulte System Leipzig bis zu seinen Wurzeln im Sozialistischen Realismus bloßzulegen - und den Mythos in seinen Nebensträngen (inklusive aller 08/15-Fotokunst und gestischer Abstraktion) auch etwas zu entzaubern. Doch lassen wir das austauschbare Beiwerk und
konzentrieren uns auf die berüchtigte Malerei, angefangen bei den
Urgesteinen Werner Tübke, Wolfgang Mattheuer und Bernhard Heisig, die an
der Hochschule ab Mitte der 60er zwar begannen, die Grenzen des
Propaganda-Stils auszutesten, in ihrem teils altmeisterlichen Stil aber
nicht gerade Weltbewegendes versprachen. Mit der nächsten Generation, Arno Rink, wird es luftiger,
surrealistischer. Hier kommt man dem Leipziger Geist, den Rinks Schüler
und langjähriger Assistent, Neo Rauch, dann erstmals unverkennbar fasste,
schon näher: In Rauchs farblich gedeckten, melancholischen
Rätsel-Szenarien wird der Kitt der "Neuen Leipziger Schule" klar: das
Unbehagliche. Nichts will hier passen. Alles wirkt unsicher. Eine
Tischplatte scheint der sich Aufstützenden nachzugeben, ein Fuß wuchert
zum selbstständigen Farbstrom aus, zwischen Menschen, Häuser, Natur
mischen sich unerklärlich abstrakte Formen. Sind Rauchs aktuelle Bilder stark bevölkert, konzentrieren sich seine Schüler auf unbeseelte Räume. Weischer löst gemütlich scheinende Wohnzimmer in abstrakte Ornamentflächen auf, die er mit magischen Details wie einem im Eck versinkenden Mini-Haus weiter verfremdet. Martin Kobe ist mit seinen kühlen, extremen Perspektiv-Studien so etwas wie der Piero della Francesca der Postmoderne. Und Tim Eitel mit seinen in glatte Landschaften ausgesetzten Einzelgängern ihr Caspar David Friedrich. In Leipzig wurde sicher nicht die Malerei neu erfunden,
eher im Gegenteil: Gepredigt wird der Weg zurück, weg von Fotovorlagen und
Medienkritik, zurück zur Quelle der reinen Fantasie. Es ist eine
konservative Richtung, die den Zeitgeist, der gerade eine neue
Bürgerlichkeit beschwört, allerdings präziser trifft als jegliche
hypergendereske interaktive Versuchsanordnung - und dennoch nicht in reine
Dekoration abrutscht. |
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