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30.12.2005 - Kultur&Medien / Medien
EU-Plakate von "25 Peaces": Umstrittene Sujets bereits entfernt
Streit um Förderungen: SPÖ will wegen 500.000 Euro parlamentarische Anfrage an Kanzler Schüssel stellen.
Amüsierte Reaktionen:In den internationalen Medien dominiert die Belustigung.

Wien (sim). Die zwei umstrittenen Sujets der Kunstaktion "Europart" anlässlich der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft sind von den "Rolling Boards" entfernt worden.  Tanja Osojic empfinde die Polemik um ihr Werk (es zeigt den nur mit blauem Slip mit EU-Sternen bekleideten Unterleib einer Frau) als "öffentliche Zensur", hieß es in einer Aussendung. Carlos Aires (sein Bild zeigt drei nackte Menschen mit den Masken von George W. Bush, Queen Elizabeth II. und Jacques Chirac in eindeutiger Pose) wolle eine "Monopolisierung des Gesamtprojekts" mit Rücksicht auf die übrigen 73 Künstler vermeiden.

>>Bilder: Die EU-Plakate von "25 Peaces"

Ganz freiwillig dürfte die Entscheidung der Künstler allerdings nicht gefallen sein. "Es wurde enormer politischer Druck ausgeübt", erklärt Walter Seidl, einer der Kuratoren. Dass die Künstler gebeten wurden, sich aus dem Projekt zu verabschieden, wollte er nicht dementieren. Zuvor hatte es geheißen, Bundeskanzler Wolfgang Schüssel missbillige die Sujets, da die Würde von Menschen verletzt werde.

Der Bundeskanzler war in der von der "Kronen Zeitung" ausgelösten Affäre zuletzt in Bedrängnis geraten. Am Donnerstag wurde bekannt, dass die von der Projektgruppe "25 Peaces" veranstaltete Kampagne mit Werken junger europäischer Künstler vom Bundeskanzleramt vertraglich mit "bis zu 500.000 Euro" gefördert wird. 450.000 Euro wurden bereits ausbezahlt. Am Vortag hatte die Sprecherin des Bundeskanzlers erklärt, dass das Projekt nicht "mit Steuergeldern" subventioniert werde. Die Mitfinanzierung der Kunstkampagne erfolge "durch externes Sponsoring eines Unternehmens", das BKA würde die Gelder nur verwalten, hieß es dann am Donnerstag in einer Aussendung. Gemeint ist die Österreichische Industrieholding AG (ÖIAG), die allerdings dementierte, dass ÖIAG-Dividenden für den Bund in dieses Projekt geflossen sind. SP-Klubobmann Josef Cap kündigte eine parlamentarische Anfrage an. Eine Rückzahlung der Subventionen werde es nicht geben, erklärte der "25-Peaces"-Mitverantwortliche Eberhard Schrempf.

Die umstrittenen Plakate gehören zu insgesamt 150 Sujets, die seit Dienstag und (so weit geplant) bis Jänner wienweit auf beleuchteten Werbeflächen zu sehen sind. "Europart" (oder auch "Peace gerollt") ist Teil des abschließenden Europa-Schwerpunkts von "25 Peaces". Die Projektgruppe unter Leitung von Wolfgang Lorenz (ORF) und Georg Springer hatte bereits das Jubiläumsjahr mit Aktionen beliefert (etwa mit wandernden Staatsvertragsbalkonen). Die gesamte Projektreihe zur EU-Präsidentschaft wird, zusätzlich zu den 500.000 Euro für "Europart", vom Bundeskanzleramt mit einer Million Euro unterstützt.

Europas Medien sind amüsiert

Amüsiert quittierten europäische und US-amerikanische Medien die Affäre, nur die "Bild-Zeitung" prangerte in ihrer Online-Ausgabe den "peinlichen Porno-Skandal" an. Die Plakate seien "nicht unbedingt der Gipfel des guten Geschmacks", meinte etwa der italienische "Corriere della Sera", die "New York Times" meldete, "alberne Bilder" würden in Österreich "für Verlegenheit sorgen". Die "Washington Post" vermutete, die Queen werde "not amused" sein. Diese wollte auf Anfrage der "Presse" den Skandal nicht kommentieren. Auch der Pressesprecher des französischen Staatspräsidenten erklärte, Chirac wolle nicht Stellung nehmen.

Für die Mitkuratorin der Plakataktion, Ursula Maria Probst, ist  die Entfernung der umstrittenen Sujets "ein starkes Signal für einen Neokonservativismus". Und Carlos Aires, Schöpfer der  Montage, sieht Österreich auf dem Niveau der USA bei ,Nipplegate` (der Aufregung über Janet Jacksons entblößte Brustwarze ) angelangt.


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