Waldner: "Museumsquartier kann man nicht wie eine Wohngemeinschaft
führen"
Die Presse: Das Museumsquartier scheint bisweilen wie ein
Mietshaus, in dem die Parteien unzufrieden sind, weil der Hausherr auch
hier wohnt.
Wolfgang Waldner: Die Kritik lässt sich auf zwei
Kategorien reduzieren: Was ist mein in der Satzung verankerter Auftrag?
Und wie wird er erfüllt? Ich trage die Letztverantwortung gegenüber den
Eigentümern - nicht gegenüber den Untermietern. Ich sehe keine
Notwendigkeit dafür, dass ich von Aufgaben befreit werden soll, wie
Mumok-Direktor Köb meint, außer die Eigentümer wollen es und ändern die
Satzung.
Wie erklären Sie sich, dass mit Mumok-Chef Edelbert Köb
auch ein Bundesmuseums-Direktor die Front gegen sie verstärkt?
Waldner: Köb hat bei seiner Bewerbung genau gewusst, wie
die Verhältnisse sind - die Quadratmeterzahl seines Museums, die Struktur
der Gesellschaft, der Mietvertrag. Jetzt ist er mit allem unzufrieden. Es
ist nicht meine primäre Aufgabe, dass er Besucher in seine Ausstellungen
bekommt. Ich bringe in das Areal 2,4 Millionen Menschen im Jahr, die
müssen von den Institutionen aus den Höfen nur abgeholt werden. Vielleicht
sollte sich mancher fragen, ob er die richtigen Programme macht - und
nicht ablenken und Probleme nach außen tragen.
Ein Punkt, bei dem die Gemüter heiß laufen, ist auch Ihre
Werbelinie mit Swimmingpool und küssendem Paar, ohne Hinweis auf die
Institutionen . . .
Waldner: Ich habe mich auf das Standortmarketing auf
Ersuchen der Nutzer zurückgezogen, die damals gesagt haben: Lass' bitte
unsere Inhalte in Ruhe. Jetzt sagen sie, es fehlen ihnen die Inhalte in
der Werbekampagne. Wir werden das aufgreifen - das geht nur nicht von
einem Tag auf den anderen.
Werden Sie auch den Vorschlag Köbs aufgreifen, im
Frühling und Herbst Skulptur-Ausstellungen im Hof zu machen?
Waldner: Das war ursprünglich mein Vorschlag. Seit einem
halben Jahr bitte ich Köb, endlich Vorschläge zu machen. Ein Projekt von
ihm mit Sigrun Appelt etwa muss nur noch technisch geklärt und zeitlich
koordiniert werden. Im Winter und Sommer wollen wir wie bisher Programm
für die breite Öffentlichkeit bieten. Aber Köb möge bitte konkrete
Vorschläge für eine Ausstellungsschiene im Frühling und Herbst machen.
Wer soll diese Aktivität dann finanzieren?
Waldner: Das muss Köb natürlich selber finanzieren. Die
Benutzung der Höfe ist für alle MQ-Institutionen frei, wenn nur irgendwo
klein oben steht: in Kooperation mit dem Museumsquartier.
Der dauernde Streit wirkt langsam recht kleinkariert! Die
Fronten sind so verhärtet, es scheint kein vor und zurück mehr zu geben.
Waldner: Das stimmt nicht. Sie nehmen einige - zugegeben
wesentliche - von 45 Nutzern heraus. Aber Sie können jedes Problem ganz
klar definieren und abhandeln.
Etwa den Vorwurf der Unvereinbarkeit von Facility- und
Kulturmanagement?
Waldner: Wo steht es, dass die beiden unvereinbar sind?
Im Gesellschafterauftrag ist das so vorgesehen und in jeder großen
Kultureinrichtung der Welt ist das Facility- und Kulturmanagement in einer
Hand - von Guggenheim, MoMA bis Metropolitan.
Mit Ihren Veranstaltungen im Quartier 21 sollen Sie,
heißt es, den Nutzern Konkurrenz machen . . .
Waldner: Diese Rolle wird von mir ohnehin nur in ganz
beschränktem Ausmaß ausgeführt. Außerdem bin ich nicht Kulturveranstalter
im Quartier 21.
Aber Kurator Vitus Weh hat doch ein eigenes Budget von
90.000 Euro zur Bespielung der Freiflächen im Quartier 21?
Waldner: Das Programm ist nur für einen ganz kleinen
Bereich gedacht und durch privates Sponsoring finanziert. Unsere Rolle
beschränkt sich nur auf die Vermietung von Räumen an Freie Gruppen. Ich
wundere mich, dass die Großen anscheinend Angst vor Konkurrenz durch die
Kleinen haben.
Aber im "Freiraum" in Transeuropa werden von Ihnen
Ausstellungen organisiert.
Waldner: Im "Freiraum" von Vitus Weh und im Freien hatte
ich den Vorwurf vom Vorjahr zu konterkarieren, dass nichts los ist in den
Höfen. Jetzt heißt es, es ist zu viel los. Wir sind keine inhaltliche
Konkurrenz für die Institutionen. Das sind die Quartier-21-Nutzer.
Und die Kritik an der späten Ausschreibung des
Wettbewerbs für die Außenwirkung des MQ?
Waldner: Die Vorbereitung ist nach einem Jahr
abgeschlossen, die erste Sitzung der Jury findet vermutlich unter Vorsitz
des Architekten Wolf D. Prix im August statt. Das Ergebnis soll bis
Jahresende vorliegen. Außerdem muss das Budget sichergestellt werden. Ich
habe jetzt 350.000 Euro dafür.
Weitere Aufregung gibt es um angeblich 60.000 Euro, die
Sie für das Auswechseln und als Miete für die Schaukästen und Dispenser
verlangen sollen.
Waldner: Das ist reine Polemik. Unsere Ziffer beinhaltet
natürlich die Investitionskosten von 230.000 Euro. Diese Summe ist allein
vom Bund vorgestreckt worden. Und es war klar, dass diese Kosten
irgendwann umgelegt werden müssen. Dass dieses Angebot am freien Markt nur
15.000 Euro kosten soll, ist völlig aus der Luft gegriffen. Aber das ist
eine rein technische Frage, da wird sich sicher eine Lösung finden.
Ist jede Kritik also völlig unberechtigt?
Waldner: Aus der Sicht mancher Nutzer ist sie sogar
berechtigt. Natürlich würden alle gerne mitreden, sprich in der
Direktorenkonferenz. Dreimal hat sie funktioniert, wir haben einstimmig
Grundregeln festgelegt. In der letzten Sitzung, in der ich dabei war,
wurde dann beschlossen: alle Regeln werden abgeschafft und ich hätte mich
der Mehrheit zu beugen. Das MQ kann man nicht wie eine Wohngemeinschaft
führen, mit basisdemokratischer Abstimmung. Ich kann mich nicht
Mehrheitsentscheidungen beugen, die meine Aufgabe beschneiden.
Werden Sie an der Direktorenkonferenz wieder teilnehmen?
Waldner: Wenn wir zu den einstimmig beschlossenen
Grundsätzen wieder zurückkehren, bin ich morgen wieder dabei.
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