06.11.2002 18:49
Helga Philipp 1939-2002
Die Wiener
Malerin erlag am Dienstag einem Krebsleiden
Wien - Die Künstlerin Helga Philipp ist tot. 63-jährig
erlag sie einem Krebsleiden. Sie hinterlässt Hunderte Bilder, die nur wenige zu
ihren Lebzeiten gesehen haben. Sie selbst war immer präsent, hat mit ungemein
vitaler Neugier verfolgt, was an Kunst produziert wird, hat an sich selbst
erprobt, was sich seit ihren Anfängen in Otto Mauers Galerie Nächst St. Stephan
Ende der 60er-Jahre leitmotivisch durch ihrer Arbeit zog: die Relation Bild zu
Betrachter.
Wer bedingt wen? Wie verhält sich das festgelegte und zudem
noch fix montierte Bild zum dynamischen Besucher? Wie prägt die jeweilige
Umgebung das Bild von ihrem Bild, was bewirkt das Wechseln des Lichts, was
ändert ein einfallender Schatten?
Und: Wie kann ihr Bild rückwirken? Wie
muss es beschaffen sein, um den immer unbekannten Betrachter nachhaltig zu
irritieren, die Konventionen seiner Wahrnehmung nachhaltig zu erschüttern? Helga
Philipp galt als "konkrete Künstlerin". Viel wichtiger ist, dass sie sich Zeit
genommen hat, dass sie sich nicht beirren ließ.
Es war schmerzlich, zu
verfolgen, wie die Aufmerksamkeit immer anderen galt, kaum einmal ihr. Und
dennoch hat sie daran festgehalten. Wissend, dass in kleinen Abweichungen mehr
verborgen liegt als in so manchem maskulinen Geniewischer. Und wissend, dass
ihre Kunst eine seltene Bereitschaft des Betrachters voraussetzt, sie auch
wirken zu lassen. (mm/ DER STANDARD, Printausgabe, 7.11.2002)