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13.09.2002 - Kultur News
Einzug der Künstler: Kreatives Wuchern
Das Quartier 21 ist eröffnet: 25 Kulturschaffende übernahmen die Schlüssel zu ihren Kojen und Büros im Wiener Museumsquartier.
VON ALMUTH SPIEGLER


Der Wind treibt scheppernd eine metallene Orientierungstafel über den Beton vor dem Haupteingang des Museumsquartiers. Der Herbst beginnt, die Tage werden kürzer, das Klima rauher - man sehnt sich nach wärmenden Gemäuern. In ihren schicken neuen Büros und Kojen nisten sich seit gestern die 25 für das Quartier 21 ausgewählten Kultur-Gruppen im barocken Fischer-von-Erlach-Trakt ein. Vorerst begrenzt auf zwei Jahre. Noch stehen die frischen Einbauten in den ehemaligen Stallungen fast steril im Raum, warten auf die kreative Überwucherung. Ob diese bis zur Eröffnung heute abend schon im Gange sein wird, bleibt abzuwarten.

Zwei Straßen der Kultur

Neben den Büroeinheiten und den Künstlerateliers wird sich die größte Aufmerksamkeit auf die zwei Themenstraßen durch die barocken Bögen im Erdgeschoß des Fischer-von-Erlach-Traktes richten, die täglich bis 22 Uhr geöffnet sein werden: Links vom Haupteingang erstreckt sich "Transeuropa", gestaltet vom Architekten-Team "Alles Wird Gut". Ein grauer Einbau aus Eternit-Platten schlängelt sich durch die Hallen - über eine Treppe gelangt man auf eine Galerie.

Kulturkontakt Austria, das Friedrich-Kiesler-Zentrum und die zwei Mode-Anbieter "Polyklamott" und "Found for You" werden hier Platz finden. Bereits fertig ist schon die erste Ausstellung des "A 9-Forum", wo sich abwechselnd die Bundesländer präsentieren können. Ebenfalls noch in "Transeuropa" liegt die "Erste-Bank-Arena", ein Veranstaltungsraum für 500 Personen.

Auf dem Weg in die "Electronic Avenue" im rechten Flügel des Traktes passiert man die Buchhandlung Prachner und anschließend die neue MQ-Kantine mit der gewagten Q-Bar - sie ist über und über mit Kuhfell überzogen.

Die "Electric Avenue" haben PPAG mit einem gezackten, ebenfalls zweigeschoßigen Einbau versehen. Silbrig beschichtete und gläserne Wände machen das Gebilde leicht und elegant. Hier sind Medien-Künstler wie Monochrom, die Produktionsstätten des Medienquartiers 21 und die zeitgenössische Musik (Institut Fünfhaus, Spoiler) eingezogen. Am Ende der "Electric Avenue": Ein leerer Raum. Hier hätte Public Netbase einziehen sollen. Man konnte sich nicht einigen.

Zwei Jahre lang wurde das Quartier 21, Experimentierfeld für zeitgenössische Kultur, geplant (von Vitus H. Weh, Thomas Edlinger, Wolfgang Waldner) aufwendig renoviert und von jungen Architekten-Teams denkmalschutzgerecht um- bzw. eingebaut. Nach unzähligen Präsentationen, Diskussionen, Streitigkeiten wird sich in den nächsten Wochen zeigen, ob das Angebot angenommen wird, ob es leben wird. Vorerst herrscht bei den Mietern pure Vorfreude.



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