Der Fakir auf der Erbse
Der Fakir auf der Erbse
(cai) Was könnte das wohl sein? Es bewegt sich ziemlich merkwürdig,
macht dabei einen enervierenden Krach, und in seinen Innereien befindet
sich ein Vogerl. Das ist natürlich ein mutierter Kopierapparat, der
einen Piepmatz gefressen hat und jetzt Yoga macht. (Oder bei mutierten
Kopierern schaut halt so die ganz normale Verdauungstätigkeit aus.)
Okay, der Kopierer ist nicht "mutiert". Vielmehr hat Sakshi Gupta
ihn in eine verspielte kinetische Skulptur verwandelt. Oh, da ist ja
sogar ein Windrad dran! (Irgendwie rührend. Wie ein Autowrack mit einer
Margerite im Auspuff.) In den Räumen der Krinzinger Projekte versuchen
nämlich Arbeiten aus Indien, unsre Aufmerksamkeit zu erregen. Das
gelingt zwar eh allen problemlos (manchen bloß, weil sie so nervig
sind), doch Guptas brachialromantische Fantasien aus Schrott haben mich
fast andächtig verweilen lassen. Und Srinivasa Prasads
poetische Objekte, die eine Aura aus Jute besitzen, schlagen sicher
auch keinen in die Flucht. Auf einem Fahrrad türmt er Koffer und Töpfe
auf und überzieht alles penibel mit einem groben Stoff. Hätte er
einfach alles braun angemalt, wär’ das garantiert weniger faszinierend.
Doch dann der "Folterkeller". Als Avinash Veeraraghavan da
übernachtet hat, war das keine Schlafperformance. Sein asketisches Bett
ist trotzdem noch da. Nein, kein Nagelbrett, eine schlichte Matratze.
(Ob darunter wenigstens ein paar Erbsen liegen wie bei einer gewissen
Prinzessin?) Der Aschenbecher daneben ist bummvoll wie die
Fotomontagen, die das Auge mit ihrer gnadenlosen Fülle überfordern. Und
der Flackerfilm ist höchst irritierend. Angeblich ein Bach und ein
randalierender Hurrikan übereinandergeblendet. Der Ton passt wie der
Tinnitus ins Ohr: Lachen verwüstet klassische Klaviermusik. Erbarmen!
Kisuaholländi
(cai)Treffen sich zwei Bakterien. "He, lange nicht gesehen. Warst
krank?" – "Ja." – "Was hast denn g’habt?" So, die Pointe erzähl’ ich
jetzt einfach nicht. Basta. Damit Sie genauso frustriert sind wie ich.
Ich hab mich nämlich echt bemüht herauszufinden, was genau auf den
mysteriösen Bildern vom Wolfgang Mussgnug drauf ist. Es sind jedenfalls
keine gemalten Statistiken über die Bevölkerungsdichte. Na ja, zum
Glück schreibt der Mussgnug immer detailliert dazu, welches Ereignis
dargestellt ist. Nur blöd, dass seine Handschrift ärger ist als das
Kisuaholländi (oder Kisuaheli?) der Ärzte. Ach, was soll’s. Die
Menschen und Flecken sind ansprechend rhythmisch verteilt und die
Farben sind mir sympathisch. Außerdem sind noch die Dinger aus
Muranoglas da, die es einem nicht gerade schwermachen, sie zu mögen.
Unschuldige Formen mit bunten Einschlüssen. Einen Kringel kann man
anschubsen und dann wippt er hin und her. Unschuldig? Da hat dieser
Sadist doch auch überall sein Kisuaholländi draufgekritzelt. (Na gut, ich verrat’ Ihnen die Pointe von obigem Witz: "Penicillin.")
Kunst kommt von Kaffee
(cai)Wer Muscheln und hübsche Steine sammelt, nur um sie nachher
mitleidlos zu zerbröseln wie Kaffeebohnen, der kann kein Romantiker
sein. Denn Romantiker malen eine Landschaft, Alfred Graf mahlt
sie (oder Teile davon). Oder er kratzt was von ihr ab und benutzt den
Sand als Pigment. Listet die Farbtöne einer Gegend auf und kombiniert
die abstrakten Farbtafeln mit Fotos vom Fundort. Bemerkenswert
konsequent vereint Graf die Nüchternheit der Naturforscher und die der
Minimalisten. Freilich rumort er so lustvoll in den Farben, er muss
doch ein Schwärmer sein.
Krinzinger Projekte
(Schottenfeldgasse 45) India 1: Bangalore Bis 21. Februar Mi. – Fr.: 15 – 19 Uhr Sa.: 11 – 14 Uhr
Galerie Marschalek
(Amerlingstraße 17) Wolfgang Mussgnug Bis 20. Februar Di. – Fr.: 11 – 18 Uhr Sa.: 11 – 15 Uhr
Galerie Atrium ed Arte
(Lerchenfelderstraße 31) Alfred Graf Bis 14. Februar Di. – Fr.: 14 – 18.30 Uhr Sa.: 11 – 14 Uhr
Printausgabe vom Mittwoch, 04. Februar 2009
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