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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
10. November 2006
20:09 MEZ
Letzter Vorzeige-Kunstbeamter
In memoriam Hans Temnitschka: "Ein Mann der offenen Türen"

Vergangenen Mittwoch ist Dr. Hans Temnitschka, bis Herbst 1996 Sektionschef der Kunstsektion (jetzt BKA), 76jährig verstorben. Nach kurzem Leiden, pflegt man zu sagen. Indes litt er während seines durch kulturelle Interessen erfüllten Ruhestandes eher unter dem sukzessiven Niedergang "seiner" Sektion.

Temnitschka war ihr letzter fachlich und sachlich souveräner Chef, er gehörte ihr 40 Jahre an. Die Position, sonst immer politisch verschachert, wurde mit ihm unpolitisch besetzt. Ein Segen für die Kultur des Landes, weil keine kulturelle Initiative a priori abgewürgt wurde. Ein Mann der offenen Tür. Agierte gern aus dem Hintergrund, blieb aber nie anonym. Seine Handschrift: Ein neues, verpflichtendes Kunstförderungsgesetz (Beirat-System, Transparenz; gemeinsam mit Sinowatz, den er besonders schätzte), und ein neues legistisches Fundament für die Kunsthochschulen (Ägide Herta Firnberg).

Er diente zehn Ministern, zum Schluss Rudolf Scholten, unter dem Aspekt gegenseitiger Hochschätzung und kulturpolitischer Erneuerungen.1956 trat Temnitschka, promovierter Jurist (zuvor Realgymnasium Stubenbastei, gemeinsam mit Otto Schenk und Rudolf Melichar), in den Staatsdienst, lernte die Kunstsektion von Grund auf kennen, avancierte 1987 zum Sektionsleiter und 1990 zum Sektionschef. Man hat ihm hohe und viele Orden angehängt. Diese wiederum hängte er gerne an den Weihnachtsbaum - ein Freund Herzmanowsky-Orlandos. Die österreichische Kunstszene, unter Temnitschka noch in ihrer ganzen Vielfalt gedeihend, trauert ihm nach, mit gutem Grund. (Otto Brünn/ DER STANDARD, Printausgabe, 11.12.11.2006)


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