VON WALTER FINK
Da möchte man doch auch Politiker sein. In der Bugetdebatte zur
Kultur im Vorarlberger Landtag meinte ein Mitglied einer anderen
Fraktion, er müsse "dem Landesrat schon wieder Rosen streuen" -
gemeint war Kulturlandesrat Hans-Peter Bischof, die Rosen streute
der Freiheitliche Ernst Hagen. Und die Vertreter der oppositionellen
Fraktionen zeigten sich mit der Kulturpolitik des Landes ebenso
zufrieden. Bischof bedankte sich, wie es sich gehört, lobte die
Zusammenarbeit - und fertig war die Kulturdebatte. Eine schöne,
runde, vorweihnachtlichen Frieden verbreitende Sache.
Doch der Reihe nach. Die Budgetdebatte stand - mit Ausnahme eines
etwas heftigeren Beginns - im Zeichen großer Versöhnlichkeit. Und
das bei einer Landtagssitzung, in der immerhin das Budget für das
kommende Wahljahr bestimmt wird, bei einer Sitzung also, von der man
sich einige Auseinandersetzung, eine Art Vorwahlkampf erwarten
durfte. Nichts dergleichen. Es war vielmehr offensichtlich: Hier
findet eine Brautschau statt. Die Volkspartei als wahrscheinlicher
Bräutigam, der sich nach der nächsten Wahl die Braut, also den
Koalitionspartner, aussuchen kann und vermutlich auch aussuchen
wird. Brautschau war angesagt - und da heißt es für die mögliche
Auserwählte, möglichst zurückhaltend zu sein. So gingen denn die
drei kleineren Parteien im Landtag wie vom Weichspüler gezeichnet
mit der Volkspartei um. Leise Kritik bestenfalls, jedoch kein lautes
Wort, kleine Anregungen vielleicht, jedoch keine Schelte, wie sie
sonst bei solchen Debatten nicht unüblich ist. Es war erstaunlich.
Die Mehrheitspartei konnte sich ruhig zurücklehnen und dem
Liebeswerben, das sich da vor ihren Augen abspielte, zusehen.
Ganz ähnlich verhielt es sich in der Spezialdebatte zum Thema
Kultur. Der schwarze Kultursprecher Christoph Winder stellte einige
grundsätzliche Überlegungen zum Thema Kunst und Wirtschaft an,
bezweifelte, daß sich Kunst über Wirtschaft rechtfertigen könne, sie
müsse ihre Legitimation aus sich schöpfen. "Rosen für den Landesrat"
streute dann Ernst Hagen von den Freiheitlichen, er komme nämlich
nicht umhin, die Kulturpolitik des Landes zu loben, deren Qualität
sich nicht zuletzt darin zeige, daß in Vorarlberg "Ruhe in der
Kultur" herrsche. Das sei schließlich nicht immer so gewesen. Der
grüne Kultursprecher Johannes Rauch hielt eine Rede, die eigentlich
in den Nationalrat gehört hätte. Er zerpflückte die Kulturpolitik
des Bundes, ließ an den Vorstellungen von Staatssekretär Franz Morak
kein gutes Haar, zeigte sich mit der Kultur im Land aber durchaus
zufrieden, da sie doch zumindest jene Löcher schließe, die der Bund
aufmache.
Das Bemühen auf Landesebene, eine brauchbare Kulturpolitik zu
machen, werde damit allerdings durch den Bund konterkariert.
Schließlich Marisa Polanec von den Sozialdemokraten. Sie schien sich
bei ihrem Streifzug durch Prozentzahlen der europäischen
Kulturpolitik irgendwo zu verlieren, jedenfalls war für die Zuhörer
nicht nachvollziehbar, was sie eigentlich erklären wollte. Mit
Vorarlberg schien das alles jedenfalls nichts zu tun zu haben. Das
ist doch eine interessante Sache. Da sitzt eine Partei mit einer
Mehrheit, die eigentlich keine ist, nämlich mit 18 von 36
Abgeordneten. Da sitzen Abgeordnete dieser, aber auch der anderen
Fraktionen, von denen viele nach der Wahl im kommenden September
wieder ins Hohe Haus einziehen möchten. Die Minderheitenfraktionen
wollen allerdings auch in die Regierung, die Freiheitlichen dort
bleiben, die Sozialdemokraten und die Grünen hinein. Sie haben aber
offenbar alle Angst, daß der gestrenge Landesvater Sausgruber nur
jene Kinder lieb haben wird, die sich gut benommen haben. Und so
sind sie eben brav. Die Füße geküßt haben sie der Volkspartei nicht
gerade, aber die Schuhe haben sie ihr geputzt bis sie geglänzt
haben.
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Die Meinung des Gastkommentators muss nicht mit jener der
Redaktion übereinstimmen. Auf Wunsch des Autors erscheint sie in der
alten Rechtschreibung.