Ein Nomade auf Wanderschaft | |
Der gebürtige thailändische Aktionskünstler im Hauptraum der Secession. |
Rirktrit Tiravanija ist ein seltsamer Künstler. 1961 in Buenos Aires
geboren, aufgewachsen in Bangkok, mit den Küchengerüchen aus dem
Restaurant seiner Großmutter groß geworden, lebt er heute in New York und
Berlin.
Sein steigender Bekanntheitsgrad zwingt ihn vermehrt zu kurzen
Aufenthalten und er hat nicht mehr ganz soviel Zeit wie vorher. Früher
kochte er während seiner Ausstellungen Tee, bereitete jeden Abend
thailändisches Essen zu. Das übernehmen jetzt die Kuratoren und die
erkennt man an den dunklen Augenringen. Nachgebauter Alltag 1996 zeigte Tiravanija im Kölner Kunstverein unter dem Titel "Tomorrow
is another day" den Nachbau seines Ateliers im Kölner Kunstverein. Über
zwei Monate lang konnten die Besucher dort 24 Stunden rund um die Uhr
reden, schlafen, kochen oder nur fernsehen. Parallel dazu konnte man in
der Kunsthalle in St. Gallen, einem Nachbau eines New Yorker Probestudios,
wo Tiravanija mit Freunden viel gespielt hatte, Musik machen, über Musik
reden, rauchen und spät schlafen gehen. 1998 gestaltete Tiravanija im Züricher Migro-Museum eine seiner
ungewöhnlichen Installationen. Die Schau hieß "Das soziale Kapital". Der
Künstler baute in den Räumen des Museums einen Supermarkt mit Produkten
und Kassiererinnen nach. Er richtete eine Nähwerkstatt ein, wo Arbeitslose
nach seiner Vorlage Stofftaschen fertigten. An der Getränketheke gab es
für Barbesucher neben Gratisbier und Cola auch kulturelle Versorgung mit
dem Fassbinder-Film: "Angst essen Seele auf". Arabische Musik sorgte für
Untermalung. Die Wiener Installation In Wien bleibt Tiravanija seinem Interaktions- und Animationscharakter
treu. Er möchte Räume schaffen, die den Besucher animieren, dort selbst
aktiv zu werden. Für die Secession hat er eine Rekonstruktion des Studiotraktes des
Rudolf-Schindler-Hauses (gebaut 1920/21 in Los Angeles) geplant. Leider
ist dieses interessante architektonische Detail auf Grund von
Lieferschwierigkeiten bis jetzt im Hauptraum der Secession noch nicht
aufgebaut. Schindler verwirklichte mit diesem Haus Gedankegänge, die das
Innen und Außen in Relation zu Privaten und Öffentlichem setzten. Offener Wohnraum Vom Hauptraum der Secession, der mit vielen Pflanzen bestückt ist,
öffnet sich eine Tür in den realen Garten hinter dem Secessionsgebäude.
Die Definition des Gartens als integraler Bestandteil des Hauses ebenso
wie der Schlafplatz auf dem Dach öffnen die etablierten Grenzen des
Wohnraums und führen alternative Formen des "Aufenthalts" ein. Der Hauptraum Betritt man den Hauptraum der Secession, so ist man sofort von einer
angenehmen Stimmung eingefangen. Palmen stehen im Raum, weiche Sitzflächen
erstrecken sich am Boden, und an den Wänden finden sich gekritzelte
Statements und Papierfetzerln. In der Mitte steht ein Fernseher, wo man
sich jede Menge Videos der Künstlergruppe Utopia Travel ansehen
kann. Videos aus dem Taxi Emanuel Danesch und David Rych interviewten auf ihrer Reise von Kairo,
Beirut, Istanbul, Sofia, Skopje, Belgrad, Sarajevo, Zagreb, Laibach und
nach Wien Passanten, Kunstschaffende und Theoretiker zu Fragen der
Identität, der sozialen und politischen Realtiät und filmten sie. Das Künstlerduo reiste in einem Kairoer Taxi, in dem sie auch die
abgedrehten Videos den Interviewpartner zeigen konnte. Es ist ein
prozesshaftes Werk entstanden, das sich im Dialog auf der Reise immer
weiter veränderte. Ähnlich wie Tiravanija Projekt ist auch diese Arbeit
der "Utopia Travel" vom Umherziehen und den Einfangen von spontaner
Lebensäußerungen geprägt. Das Rahmenprogramm Jeden Donnerstag ist im Hauptraum der Secession ab 19.00 Uhr Kino
angesagt. Es werden Künstlervideos aus den 60er und 70er Jahren gezeigt.
Von 20.30 bis 23.00 Uhr kann jeder, der sich anmeldet, seine Platten und
CDs bringen und für einen Abend DJ sein. Auch Übernachten kann man jeden
Donnerstag in der Secession. Gegen Voranmeldung kann man auch
Thai-Massagen in Anspruch nehmen. Am 15. August ist Keith Sonnier
Animation 1 von 1973 und Animation 2 von 1974 und Stan Brakhages "(&)
or ellipses (Reel 1 and 2)" von 1998 zu sehen. Wie das Secessionsteam
mitteilte, wird dieses Programm begeistert vom Publikum aufgenommen. Tipp: Die Ausstellung Rirkrit Tiravanija ist bis zum 1. September 2002 im
Hauptraum Secession zu
sehen. | ||||