03. Oktober 2009 - 00:04 Uhr · Von Franz Thek · Kultur

Der Übermaler im Frauenbad

Der Übermaler im Frauenbad
Am vergangenen Wochenende wurde in Baden bei Wien in einem klassizistischen Bäderbau ein Arnulf-Rainer-Museum eröffnet. Der Meister der Übermalungen revanchierte sich mit einer Schenkung von 42 seiner Werke.

Durch eine Kolonnade von dorischen Säulen betritt man das altehrwürdige Frauenbad, das Charles de Moreau 1821 auf klassizistisch trimmte. Den Spagat zwischen Denkmalschutz und Museumsbau hat nun das Architektenbüro Lottersberger-Messner-Dumpelnik geschafft. Gegen die dominante Bäderarchitektur hatte sich nun Rainer zu behaupten. Und es ist ihm gelungen, seine Werke im Spannungsfeld zwischen historischem Gemäuer und Gegenwartskunst wirkungsvoll in Szene zu setzen.

Bis März des nächsten Jahres sind nun frühe Arbeiten Rainers (1949–1961) zu sehen. Der Ausstellungstitel „Aller Anfang ist schwer“ signalisiert die Richtungsqual eines jungen Künstlers, der sich nie dem Gegenständlichen widmen wollte. Heute weiß man, dass der Sturkopf Rainer auf der Wegsuche nie wirklich die Orientierung verloren hat.

Unbekannte Bilder

„Ideal für mich ist das ganz dunkle Bild, voll von einem überwältigenden Schweigen“, sinniert Rainer öffentlich. Die Genese bis zu diesem Ziel ist in exemplarischen, teilweise noch nie gezeigten Bildern nachvollziehbar: von der Reduktion zur Verdichtung, die Materialisation, Kruzifikationen und Flächen durch das Aufeinandertreffen von zahllosen Linien. In den ehemaligen Umkleidekabinen hängt jeweils ein Blatt, wird separiert dem Sehsinn offeriert als Denkfutter über eine Künstlerphase.

Von Marmor, Spitzbogen und Säulen unbeleckt wurde ein Zwischengeschoß gestaltet, in dem neunzehn Beispiele aus den 50er Jahren eine Aura geballter Kraft verströmen. Bilder, die Arnulf Rainer internationale Beachtung verschafften: Überzeichnungen, Überdeckungen, Übermalungen.

Weltrangliste Platz 68

Seine Verve hat den Maler mit Ateliers im oberösterreichischen Enzenkirchen und im bayrischen Kloster Vornbach in die großen Museen der Welt getragen. Eine geschickte Verkaufs- und Schenkungspolitik tat das ihre dazu. Auf der „Kunstkompass“-Liste der international am meisten beachteten Künstler liegt Rainer immerhin auf Platz 68.

Bis zu seinem 90er kann der Dauerarbeiter Arnulf Rainer bestimmt noch ein paar Plätze nach vorne rücken.

Info: Arnulf-Rainer-Museum, Baden, Josefsplatz 5. Geöffnet täglich außer Dienstag 10–18 Uhr, Mittwoch 10–20 Uhr. Ein Katalogbuch (Dumont Verlag) ist um 39,95 Euro erhältlich. Das Museum ist von Wien aus bequem mit der Badener Bahn erreichbar. www.arnulf-rainer-museum.at

Quelle: OÖNachrichten Zeitung
Artikel: http://www.nachrichten.at/nachrichten/kultur/art16,270008
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