Sie
registrieren den Herzschlag, Blutdruck und Puls, erkennen sogar
Schweiß und Geruch des Benutzers. Christa Sommerer hält kein
gewöhnliches Mobiltelefon in der Hand. Ihre Geräte sind noch
üppiger ausgestattet, als es viele Handys schon
serienmäßig sind: Sie enthalten Biosensoren - und sollen
damit Gefühle übertragen. Die Medienkünstlerin stellte
ihr Projekt auf dem Computerkunst-Festival Ars Electronica in Linz vor.
Für
den Empfang der intimen Körperdaten gibt es Vibratoren, eine
Luftdüse und andere Systeme, die die gesendeten Körperdaten
in physische Erfahrungen übersetzen. Nicht eins zu eins, aber
spürbar als Herzklopfen, Kitzeln, Berührung oder Lufthauch -
"was sich zusammengenommen wie eine virtuelle Umarmung anfühlt",
wie Sommerer erklärt. Verpackt sind die Geräte in einem
orangeroten Kürbis. Wegen der intimen Daten habe sie kein
technisches Design gewählt, erklärt die österreichische
Künstlerin, die in Japan lebt. "Schließlich sind
Berührung und Herzschlag sehr persönlich, haben fast etwas
Erotisches."
Das Projekt
Mobile Feelings, gemeinsam gestaltet mit dem
französischen Künstler Laurent Mignonneau, versteht sich als
ironische Kritik am mobilen Telefonieren in der Öffentlichkeit.
"Das Handy bewirkt, dass die Leute immer enthemmter werden und die
privatesten Dinge mit einer großen Lautstärke in der
Öffentlichkeit von sich geben", erklärt Sommerer. "Diese Art
von Exhibitionismus wollten wir konterkarieren." Daneben möchte
die Künstlerin "die Medienkunst von den Wänden herunter und
ins Leben der Menschen bringen". Geplant war ursprünglich eine
Übertragung von Körperdaten zu Besuchern im Pariser Palais de
Tokyo. Das scheiterte an den hohen Telefonkosten. So spürten die
Besucher der Ars Electronica untereinander ihrem Herzschlag nach -
kostengünstig übertragen mit Hilfe der Funktechnik Bluetooth.
Mehr
als 2700 Beiträge aus 85 Ländern präsentierten sich auf
dem Festival; die Besten wurden als "Golden Nicas" ausgezeichnet.
Künstler aus Deutschland gingen bei dem Oskar der Medienkunst leer
aus, bekamen aber sechs Anerkennungen. In der Kategorie "Net Vision"
für zukunftsträchtige Internetprojekte gewannen Carlos Gomez
de Llarena aus Venezuela und Yury Gitman aus den USA mit ihren
Noderunners
- einem Wettbewerb, bei dem es darauf ankommt, sich in möglichst
viele Netzknoten einzuloggen. Das finnische Team Sulake Labs Oy holte
sich mit seinem virtuellen
Habbo Hotel den ersten Preis in der Kategorie "Net Excellence".
Das teils real, teils im Netz organisierte Verfolgungsspiel
Can you see me now
der britischen Gruppe Blast Theory sicherte sich die "Goldene Nica"
für Interaktive Kunst. Romain Segaud und Christel Pougeoise aus
Frankreich gewannen mit
Tim Tom in der Kategorie Computeranimation und visuelle Effekte. ap
• Informationen: www.aec.at/de/prix/
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Dokument erstellt am 11.09.2003 um 17:17:12 Uhr
Erscheinungsdatum 12.09.2003