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secession.at
Bis 18. 4.
Warum ist der Körper immer wieder oder schon wieder im Gespräch? In der Generali Foundation weiß man derzeit mit Gilles Deleuze: "Dass die Körper sprechen, das wissen wir seit langem." Das Zürcher Museum für Gestaltung entwirft den erweiterten Körperbegriff in Kunst und Mode, die "Body Extensions (Wie wir den Körper erweitern)".
Eva Maria Stadler kompilierte die Wiener Gruppenschau, sie sieht den Zusammenhang mit den 70er-Jahren, als das Körperthema über Performances und über die Sprache lief. "Stattdessen steht jetzt eine Art Bühne, wo die Betrachter/Zuseher wissen, dass etwas darauf passieren könnte." Wie bei John Bocks pubertär-arm-brachialen Schaumstoff-Müllarrangements oder der billigen Kulisse von John Miller, in deren Mitte sich in einem Erdhaufen Puppenkörperteile und Sexspielzeuge tummeln. Heute erhält der "Herr K.", wie El- friede Jelinek den Körper bezeichnet, eine weitere Dimension (der Realisierung) durch die neuen technischen Möglichkeiten. Womit wir wieder bei der Ökonomie wären.
Um Arbeitsökonomie geht es auch bei Svetlana Hegers in Auftrag gegebenem Unterschriften-Bildquartett, so retro, dass es schmerzt, ebenso bei Annette Baldaufs/Dorit Margreiters Untersuchungen über ein - nicht angenommenes - Women-only-Shoppingcenter in Abu Dhabi.
Bei Cosma von Bonin wird schmerzlich bewusst, dass Kunst von Kontext kommt, und Andrea Fraser kann wirklich ganz gut Samba tanzen. Ihr Video könnte auch in jede postkoloniale Identitätenschau passen. Angenehm anders das Video der beiden jungen Moskowiter Victor Alimpiev & Marian Zhunin. In absurd-komischen Sequenzen, in denen ein Männerchor Befehle oder Kommentare hineinbrüllt, agiert die postatomar blasslila geblitzte Putin-Jugend.
In der Kunst ist alles eher komplex. Kinofilme bringen es oft ganz simpel auf den Punkt - auch in Bezug auf Körper. "Jedes Mädchen will Fotografin werden. Um dann Fotos von ihren eigenen Füßen zu machen", sinniert die junge Protagonistin in Sophia Coppolas "Lost in Translation". Wie wahr! Zuerst muss man lernen, darauf ordentlich zu stehen, liebe Kunst. (DER STANDARD, Printausgabe, 21./22.2.2004)