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Quer durch Galerien

Die Irrungen eines Milchbarts

Von Claudia Aigner

300 Jahre Wiener Zeitung!Im Regelfall ist sie weiß wie Milch: die Milch. Die "schwarze Milch der Frühe", die Paul Celan ohnedies aus keinem naturgesetzlichen, also zoologisch unbedenklichen Euter haben kann, sondern aus einem extrem metaphorischen, also poetischen Euter gezapft haben muss, zählt in diesem Zusammenhang nicht. In welchem Zusammenhang überhaupt? Im Zusammenhang mit dem Milchbart. (Es soll übrigens trotzdem so profane Leute geben, die sich täglich über ihren Morgenkaffee beugen, der bar jeder Maresi ist, und zitatenschwer hineinseufzen: "Jetzan trink i die schwoaze Müch der Frühe." Was nicht heißen soll, dass es sich mir restlos erschlossen hätte, was diese schwarze Milch der Frühe denn nun wirklich ist.)
Was hat es nun aber zu bedeuten, wenn eine Maid frech ihr Kleidchen hebt und sozusagen mit dem falschen Ende des Verdauungsapparats Milch trinkt (vor einer Videokamera)? Wenn sie also jenen Körperteil in eine Schüssel Milch taucht, der dafür da ist, damit das Sitzen kein Härtefall ist, ich meine den körpereigenen Sitzpolster? Was das zu bedeuten hat? Dass Anna Jermolaewa "Das obszöne Werk" von Georges Bataille genau gelesen hat. Da löscht nämlich eine gewisse Simone den Durst ihres Sitzfleisches (oder das Feuer in ihrem H.?) auf dieselbe pikante Weise. Freilich "schwänzelt" dort auch ein unersättlich unziemlicher Ich-Erzähler um das Mädel herum (deutlicher zu werden, will ich dem geschätzten Leser nicht antun, der die Zeitung ja eventuell beim Essen liest).
Bei der Jermolaewa, die sich diese schwülstig brunftige Männerfantasie zartironisch und mit dezentem weiblichem Humor angeeignet hat (wie hab' ich mich zerschmunzelt), kommt, nachdem das "Milchmädel" weg ist, stattdessen eine Katze zur Milchschüssel und schnabuliert. Na ja, vielleicht ist das irgendwie doch eine Spur gewagter als beim Bataille.
Anna Jermolaewa (bis 7. Februar im Mezzanin, Karl- Schweighofer-Gasse 12) schöpft auch gern und gekonnt das sadistische Potenzial von enervierend enthusiastischem Kinderspielzeug aus, das eine unverwüstliche Duracell-Häschen-Kondition hat. Diesmal entnervt und beunruhigt sie mit der erbarmungslosen Gleichschaltung von 18 Marionetten (Gorillas und Strauße), die bedrohlich stupid von einem Bein aufs andere steppen. Man hat das unbestimmte Gefühl: Das sagt was über "uns" aus.
Er hätte es auch malen können. Theoretisch. Trotzdem hat er es fotografiert. Quasi wie ein Maler, dem man eröffnet hat, dass es jetzt keine Pinsel und Leinwände mehr auf der Welt gibt und dass die Farben aus der Tube sowieso schon aus sind. Nein, eigentlich fotografiert James Welling (bis 31. Jänner in der Galerie nächst St. Stephan, Grünangergasse 1) wie ein Konzeptkünstler. Und steckt etwa seine Nase, pardon: sein Objektiv tief ins kahle Gestrüpp, ein praktisch abstraktes Geäst, das seinen danebengehängten, konstruktiv abstrakten und perfektionistischen Fotos von übereinandergelegten schwarzen Papierstreifen absolut kongenial ist. Einen seiner malerischsten Blicke hat er aber auf eine türkise Mauer geworfen, eine große Farbfläche, vor der ein kleiner Automat mit Gletscherwasser ("Glacier Water") herumlungert. Passenderweise ist ja Türkis ein eisiges Grün.

Erschienen am: 16.01.2004

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