Retuschierter Blickfang

Die Ausstellung "21 Jahre Frühstücksarbeit" zeigt Walter Schmögners jüngste Auseinandersetzung mit der Erotik von bizarren Zwitterwesen.
Von Sabine Oppolzer.


Seit Jahrzehnten ist sie der morgendliche Blickfang für viele Männer: das Mädel von der Seite 5 der Kronen-Zeitung. Walter Schmögner hat sie in Lausbubenmanier verändert: er zeichnet Mädchen mit 3 Brüsten, mit Riesenpenis oder mit angewachsenen Schuhen. Als Spätaufsteher hat er genügend Zeit und Inspiration zum Retuschieren. Eine gesellschaftspolitische Stellungnahme sei das nicht, meint der 57-jährige Künstler.

"Kühle Schönheiten" (Zum Vergrößern anklicken)

"Das wäre ja lächerlich, wenn ich beim Frühstück politische Gedanken hätte. Ich habe einfach Spaß gehabt, einem Mädchen, das ein langweiliges Geschlechtsteil hatte, diesen zu verschönern. Ihr zum Beispiel einen Penis zur Bewaffnung zu zeichnen, damit sie selbst Freude daran hat", sagt Schmögner. Gezeigt werden seine jüngsten erotischen Arbeiten in der Wiener Galerie Hofstätter von Mittwoch (23.5.) bis zum 30. Juni.

Fantasien und Überraschungen

Seine Transformationen setzen sich mit den Fantasien von Herrn Jedermann auseinander, mit dem scheinheiligen Voyeurismus, den sie zu erregen versuchen. Schmögners Mädchen irritieren jedenfalls.

"Höchst gewagt"

"Ich weiß nicht, ob sie erotisieren - das muss man jemand anderen fragen. Ich habe jedenfalls Lust empfunden bei der Verzerrung, der Veränderung der Dinge. Das Raffinierte dabei ist, dass es mich erst dann in Ruhe gelassen hat, wenn ich den Geschlechtsteil verändert habe, oder das Mädchen ganz verändert habe in meine Richtung. So dass man glaubt, es wäre immer noch ein Foto. Das ist der Überraschungseffekt."

Wahrhaftigkeit des Striches

Walter Schmögner, der 1986 mit seiner Briefmarke "Faule Birne" einen kleinen Skandal entfacht hat, setzt sich mit den unterschiedlichsten Genres auseinander: die Palette reicht von der Bildhauerei bis zur Literatur. Die größte Affinität hat er aber zum Zeichnen.

"Mit einem einzelnen Strich kann man nicht lügen. Man muss eine klare Entscheidung treffen, was man macht. Wenn man zum Beispiel malt oder mit Ton formt, kann man viel mehr Schmäh machen", stellt Schmögner fest.

"Erotischer Zyklus"

Die nun gezeigten Arbeiten Schmögners knüpfen an einen "Erotischen Zyklus" an, der 1979 in Paris entstanden war. Im Stile seiner frühen Arbeiten waren das skurrile Zeichnungen. Dargestellt war absonderliches, kopulierendes Getier mit unzähligen Geschlechtsteilen.

"Paris" aus dem "Erotischen Zyklus", 1979, Nr. 44

Später erforschte der Zeichner das Innere der Psyche. Für diese Phase stehen die Fensterbilder als deutliche Metapher der Innen- und der Außenwelt des Künstlers. Zentrale Themen seiner Bilder auf Leinwand waren immer entweder farbenstarke Auseinandersetzungen mit dem Licht, bzw. düstere, meist im Unterirdischen angesiedelte Architektur-Fantasien.

Vergänglichkeit und Erotik

"Es ging mir immer um die Vergänglichkeit. Früher um ihre Absurdität, später um die ernsthafte Beschäftigung mit der Vergänglichkeit. Das zieht sich bei mir unentwegt hin. Und die Erotik hat es bei mir auch immer gegeben - nur eben sehr verdeckt", erklärt Schmögner. Der Zusammenhang zwischen Vergänglichkeit und Erotik sei klar: wenn man tot ist, gäbe es auch keinen Sex mehr.

Metamorphosen

Eine sehr lebensbejahende Form der Vergänglichkeit stellen Schmögners Metamorphosen der Bilder "Klitoris I" und "Klitoris II" dar.

"Bei mir gibt es eine Art Metamorphose, wie sich eine Klitoris zu einem Penis verwandelt. Man kann diesen Prozess fast wie in Filmkadern nachvollziehen. Ich wollte damit nur ausdrücken, dass Mann und Frau sehr verwandt sind. Und dass es ideal wäre, könnten wir uns aussuchen, auf welcher Seite wir sein wollen", so der Künstler.

Links:

Walter Schmögner
Retrospektive 1997, Historisches Museum.

Tipp:

Zum Vergrößern anklicken
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Walter Schmögners "21 Jahre Frühstücksarbeit" sind bis 30. Juni, Dienstag - Freitag 11.00 - 18.00 Uhr und Samstag 10.00 - 16.00 Uhr in der Galerie Hofstätter zu sehen.

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