Quer durch Galerien
Der pawlowsche Konsument
Von Claudia Aigner
Ein Konsument ist auch nur ein pawlowscher Hund. Hält man ihm
das Logo eines bekannten Mundgeruchsentferners vor die Nase, dann läuft
ihm praktisch schon die Kakostomie im Mund zusammen. Soll heißen: Er hat
schlagartig eine Scheu, hemmungslos auszuatmen, bevor er sein Sprechorgan
nicht mit Tic Tac aromatisiert, also gesellschaftsfähig gemacht hat. Auch
unter Laborbedingungen könnte man eigentlich zu keinem anderen Ergebnis
kommen (zumindest wenn sich die Versuchspersonen zum Kreis derer zählen,
von denen sich die Freunde verabschieden mit: "Pfiati, bis zum nächsten
Mundgeruch"). Daniel Pflumm appelliert an unsere Befriedigung beim
Wiedererkennen von Zitaten ("Ah, Tic Tac!"). Das hat seinen Reiz. Auf
seine ganz spezielle, minimalistische Weise. Pflumm lässt nämlich den
Markennamen aus dem Logo weg, was einen eingefleischten Konsumenten von
seinen pawlowschen Reaktionen aber trotzdem nicht abhalten wird können.
Der Lohnendste in der Schau mit dem Titel "Hinterlands" (bis 29. Juni bei
Kerstin Engholm, Schleifmühlgasse 3) ist aber Bas Jan Ader. Freilich auch
der Toteste, nachdem er so ichbezogen gestorben ist, wie er in seiner
Kunst aufgetreten ist: 1975 ist er allein auf den Atlantik hinausgesegelt,
um quasi im "Swimmingpool" von Christoph Kolumbus - Konrad Duden möge mir
die grammatikalische Absolution erteilen - zu "verschellen". (Frei nach
David Hockney: Das große Platsch.) Einmal liegt er da, als hätte er
einen Mondrian verschluckt. Winkelt also seine Körperteile geometrisch ab
und deponiert einen gelben und einen roten Kanister irgendwo dazwischen.
Kurz: Er hat mitten auf der Straße einen "konzeptuellen Bauchfleck"
gemacht. Und mit seiner tragikomischen Körperbeherrschung einen
"unmenschlichen" Mondrian radikal vermenschlicht. Ein Terroranschlag auf
die abstrakte Kunst? Auch ein Zitat (angeblich aus einem
Bodybuilder-Magazin): "Ask Bob", an die Wand geschrieben. Von Stefan
Sandner. An Bob wenden sich eventuell solche Leser vertrauensvoll, denen
ihr Bizeps nicht ganz geheuer ist (wie wir in Fragen des
zwischenmenschlichen Unterleibs eine gewisse Gerti konsultieren). Aber was
soll er bloß hier an der Wand? Das Mysteriöse besser hingekriegt hat da
schon Matti Braun: mit seinen verführerisch kühlen Spiegelblöcken mit
"Schnee" aus Styroporkügelchen. Titel: "Edo." Der alte Name von Tokio.
Dass sich die Japaner gleich nach dem Aufstehen im leistungssteigernden
Kokain wälzen und deshalb so fleißig sind (eine Unterstellung), kann damit
aber nicht gemeint sein. Wolfgang Seierl: "Strömen." Bis 6. Juli in
der Galerie Contact (Singerstraße 17). Ein wenig spröde und karg, obwohl
die Bilder so aussehen, als würde hier ein Künstler die Physik erklären.
Mit seinen Mitteln. (Der künstlerischen Freiheit.) Und einen Sinn für
kompositorischen Halt kann man Wolfgang Seierl ja auch nicht absprechen.
Wie auch immer (wenn man das jetzt überhaupt so direkt sagen darf): Mir
gefallen diese Bilder einfach nicht. Bis auf eines. (Links oben steht
"write".) Das malerisch delikateste. Subtil komponiert. Und das ist
wirklich gut.
Erschienen am: 21.06.2002 |
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