Fotografisches Archiv der Vergänglichkeit
ERNST P. STROBL WIEN (SN). Sehr viel Hoffnungslosigkeit und dazwischen auch ein bisschen Aufbruchsstimmung sind die Eckpunkte der Zustandsbeschreibung, die auf den Hunderten Fotos zu sehen ist. In der Lower East Side von New York, ihrer Lebensumgebung, hat die Fotokünstlerin Zoe Leonard über Jahre hinweg ein präzises Archiv angelegt, das sowohl das Werden als vor allem das Vergehen festhält. Die kleinen quadratischen, mit schwarzem Strich gerahmten Bilder erzählen Geschichten, die unmittelbar berühren können. Zu sehen ist die gesamte, 419 Prints umfassende Serie „Analogue“ im Wiener Museum Moderner Kunst Mumok als Teil der ersten internationalen Überblicksausstellung von Zoe Leonard.
Die 1961 in Liberty, New York, in bescheidenen Verhältnissen geborene Zoe Leonard zählt spätestens seit ihrer zweimaligen documenta-Teilnahme zu den führenden Fotografinnen ihrer Generation. Das Mumok zeigt zu Ikonen gewordene Bilder wie die Luftaufnahme der Niagara Fälle oder Bilder von Häusermeeren und Wolkengebilden aus der Vogelperspektive, Stierkampf neben morbiden Aufnahmen aus dem Anatomiemuseum. Sorgsam gehängt bilden Laufstegszenen, ein bärtiger Frauenkopf unterm Glassturz oder ein Keuschheitsgürtel neben Anatomiemodellen spannende Kontraste. Bäume im urbanen Raum, die Einzäunungen überwuchern, oder Vogelnester strahlen Hoffnung aus, Bilder von toten Tieren sind weniger optimistisch.
Formal und thematisch geordnet hängt in einem Extraraum die wunderbare „Analogue“-Serie und bildet einen vielschichtigen Flohmarkt, einen Spiegel der Vergänglichkeit (bis 21. Februar). www.mumok.at