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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
15.06.2004
13:05 MEZ
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kunsthallewien.at
 
Foto:  Kunsthalle / Teller
'Ich bin vierzig', London 2004 - zu sehen in der Ausstellung Juergen Teller in der Kunsthalle Wien

Deutscher Starfotograf "ist vierzig"
Ausstellung von Juergen Teller bringt viel Nacktheit in die Kunsthalle Wien

Wien - Nicht geschönt, nicht versteckt, nicht verklärt will der deutsche Fotograf Juergen Teller in seinen Fotografien sich und seine Modelle zeigen. Doch gerade die Dekonstruktion von Schönheitsidealen soll sich von dem Begriff der Hässlichkeit deutlich abgrenzen. Kunsthallen-Leiter Gerald Matt und Teller einigten sich daher bei der Pressepräsentation der Ausstellung "Ich bin vierzig" (10. Juni bis 17. Oktober) am Mittwoch nach kurzem Zusammenzucken des Fotografen bei Matts Bemühen des verpönten Begriffes darauf, dass der Mode-, Pop- und Kunstfotograf "Menschen so zeigt, wie sie wirklich sind".

Entblößte Beziehungsgeflechte

Am radikalsten ist Teller dort, wo er sich selbst fotografiert, so Matt. Nacktheit ist für ihn dabei nicht nur körperlich, auch wenn man den 1964 in Erlangen in Deutschland geborenen Teller in der Schau in der Kunsthalle bis zur intimsten Körperstelle begutachten kann. Teller entblößt die Beziehungsgeflechte seiner persönlichen Umgebung, seine Historie und so manchen Star. Im ersten Bild der Ausstellung in der Kunsthalle setzt er beispielsweise den ödipalen Konflikt mit seinem Vater fort, obwohl dieser freiwillig aus dem Leben geschieden war: Nackt steht Teller auf dem Grab, den Fuß auf einem Fußball (ein Sport, den sein Vater hasste), in den Händen pubertäre Protestsymbole wie Bier und Zigarette.

Derzeit Star der glamourösen Modefotografie und seit 1986 in London wohnhaft (daher die Schreibung "Juergen" statt Jürgen) und in den Jet Set-Metropolen tätig, startete Tellers Laufbahn in der weit weniger gelackten Welt der Grunge-Rockbewegung um Nirvana-Sänger Kurt Cobain, den Teller vielfach fotografierte. Heute weist Teller das Klischee des Grunge weit von sich. Auch von kommerziellen Hochglanzbildern für Luxusmarken will sich der Fotograf wegbewegen. Model-Ikonen wie Kate Moss zeigt er lieber ungeschminkt, mit dem prallen Bauch einer Schwangeren. Auch der "Terminator" ist bei Teller kein Supermann: Arnold Schwarzenegger hält mit dem selbstironischen Ausdruck von Todespanik seinen Kopf in den Rachen eines (ausgestopften) Krokodils.

Authentisch im noblen Hotelzimmer

Um eine schonungsloses Auseinandersetzung mit den Momenten des Authentischen zu erreichen, zieht Teller sich in seiner neuesten Fotoreihe "Louis XV" mit dem französischen Filmstar Charlotte Rampling in ein nobles Hotelzimmer zurück. Schranken und Hüllen fallen, die beiden sind halb oder ganz nackt, in einer für typische Modefotografie undenkbaren Nähe und Geborgenheit zu sehen. Der zu vermarktende Pelzmantel wird dabei zum Requisit degradiert. Bei der an sich "langweiligen" (Teller) Modefotografie beschäftigt Teller vor allem der persönliche Umgang des Modells mit dem Requisit. Die Optik einer noch so teuren Handtasche interessiere ihn nicht, viel spannender seien die Handlungszusammenhänge, in die diese gestellt werde, sagte Teller.

Auf seinen vielfach großformatigen Fotografien aus Serien wie "Tracht", "Go-Sees" und "The Clients", die auch bei noch so schönen Menschen jede Unregelmäßigkeit preis geben, dringt Teller unter die Oberfläche des als schön Geltenden. Im Gedächtnis aus der von Ulrich Pohlmann kuratierten Schau bleiben vor allem die gezeigten Hoffnungen von noch unbekannten Models, persönliche Beziehungen zwischen Fotograf und Model und der ungewöhnliche Blick auf Stars. Zur Ausstellung sind zwei Kataloge erschienen. (APA)


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