Kultur

Explosion der Farben

02.06.2007 | SN
Die Albertina zeigt in der großen Sommerausstellung rund 280 Arbeiten der Expressionistengruppe "Die Brücke", darunter die Sammlung Gerlinger.

ERNST P. STROBL WIEN (SN). So fangen mitunter Dinge an, die ein Leben prägen können: Da kauft so um 1950 herum der Student Hermann Gerlinger einen Holzschnitt und stottert die Raten monatelang ab. Ein Sammler ist geboren. Er habe "immer zu wenig Geld" gehabt, erzählt der heute 73-jährige Unternehmer aus Würzburg am Donnerstag in Wien. Auch seine Frau hat oft ausgeholfen, aber es hat sich gelohnt. Heute ist die Sammlung Gerlinger die wichtigste und geschlossenste Sammlung, die es zu der Künstlergruppe "Die Brücke" gibt. Die Albertina stellt mit der Sommerausstellung "Expressiv! Die Künstler der Brücke" bis 26. August 2008 die Sammlung Gerlinger ins Zentrum einer aus Sammlungsbestand und mit Leihgaben umfassend aufgerundeten Schau zu einem maßgeblichen Kapitel neuerer Kunstgeschichte.

Fast pikant, wie die Synergien in der Albertina bereits greifen: Die Expressionismus-Schau kommt ohne Bilder aus der jüngst erhaltenen Sammlung Batliner nicht aus, gezeigt werden die 280 Werke auf zwei Stockwerken, den von Batliner gesponserten "Propter Homines"-Räumen und den von Donald Kahn finanzierten Dachausbauten. Klaus Albrecht Schröder, dem Albertina-Direktor, kann man Schlagkraft nicht absprechen. Aus der Albertina-Sammlung stammen ein paar weniger bedeutende Aquarelle oder Pastelle, mit der Druckgrafik aus dem Sammlungsbestand kann der Welttempel der Grafik natürlich überall mithalten. Gerlinger wiederum hat seine 900 Werke umfassende Sammlung nach der deutschen Wiedervereinigung "als Wiedergutmachung", wie er sagt, als Stiftung ins ostdeutsche Halle an der Saale verlegt. Dort, in der Moritzburg, war die erste Anlaufadresse der "Brücke"-Künstler, ehe die Nazis die Exponate als "entartete Kunst" brandmarkten und sich die Bilder in alle Welt "verliefen".

Die Ausstellung ist chronologisch angelegt, und schon beim Betreten wird man hineingesogen in die bunte Welt der Farben und Formen, in eine Welt, die zackig, zerrissen oder "falsch" eingefärbt erscheint. Was war "Die Brücke" überhaupt? Während sich die jungen Künstler der vorletzten Jahrhundertwende das in Akademien antrainierte Malerverhalten erst abgewöhnen mussten, um "modern" zu werden, hatten die vier Architekturstudenten Ernst Ludwig Kirchner, Karl Schmidt-Rottluff, Erich Heckel und Fritz Bleyl keinerlei Hemmungen zu überwinden. Dass die malerischen Autodidakten, die sich 1905 zur "Brücke" zusammenschlossen, mit ihren Farbstürmen die deutsche Kunst revolutionieren sollten, war nicht abzusehen.

Anders als die österreichischen Expressionisten befassten sich die "Brücke"-Freunde weniger mit der Psyche des Künstlers, sondern stellten die Empfindung in den Mittelpunkt. Der Gegenstand wurde nicht abgebildet, sondern "empfunden", das Spiel der Farben ausgelebt, die Farbwirkung mit Komplementärfarben übersteigert. In den ersten Jahren ist es fast schwer, die Werke den jeweiligen Urhebern zuzuordnen, so sehr war das künstlerische Anliegen im Kollektiv verinnerlicht. Erst nach und nach schälten sich - die heute weltberühmten - Individualisten heraus. Am 27. Mai 1913 wurde die Erklärung von der Auflösung der Künstlergruppe "Die Brücke" verbreitet, Impulsgeber blieben dennoch alle Beteiligten.

Die Albertina beherbergt alle großen Namen von Heckel bis Kirchner. Emil Nolde, der eigentlich erst später zur "Brücke"-Runde stieß, und Otto Mueller erhielten sogar einen eigenen Raum. Sichtbaren Einfluss übten Maler wie Munch oder Gauguin, aber auch außereuropäische Kulturen aus. Max Pechstein reiste in die Südsee, Emil Nolde nach Neuguinea. Man sollte sich Zeit nehmen für den Rundgang, der von den Anfängen bis hin zum Weg in den Ersten Weltkrieg zeigt.Information: www.albertina.at

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