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Kunstberichte

Secession: Michael Krebber, Terence Koh und Catherine Sullivan

Alben einer Rhetorik des ewigen Scheiterns

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Viel Denkeinsatz fordert einem die derzeitige Ausstellung im Hauptraum der Secession ein: Die Malerei wird in den Werken von Michael Krebber, Terence Koh und Catherine Sullivan konzeptuell diskutiert, Fragen des Scheiterns werden einbezogen sowie die Produktion von Bildern allein für Kunstmessen. Die Schau läuft noch bis 4. September.

Sind die wenigen Rahmen mit wiederkehrenden Motiven an der Rückwand und die gebaute Hausbox für eine Diaprojektion bereits die Antwort auf alle Fragen, die das Medium bis heute stellt? Sicher nicht.

Krebber: Alles ist in Schwebe

Der Katalog von Michael Krebber gibt einen Einblick in das Œuvre des Künstlers aus Köln, der sich um Form und Formlosigkeit, um räumliche Modellsituationen und bildliche Grenzüberschreitungen genauso bemüht, wie um Geparden, den historischen Dandytyp und außerirdische Zwitterwesen. Stoff wie Zeitungsausschnitte können bisweilen die Malerei ersetzen. Eine seit den 70er Jahren historische Debatte aber scheint am Ende aller Reibungsflächen angelangt. Ironie schwingt mit, die inhaltlichen Elemente treten untereinander in formale Beziehungen und tragen Kommentare wie – "ohne Titel, bitte nicht wegwerfen" – oder poetische Untertiteln wie – "die falschen Bäume anheulen". Auch Krebbers Texte über Kunst halten den Zweifel im Vordergrund und damit alles in Schwebe, was an minimalem Einsatz zu sehen ist.

Koh: Alles ist transzendent

Terence Koh hat das Grafische Kabinett in eine weiße Lusthölle verwandelt: ein Bett, Stellagen mit Fetischen und Sammelstücken in Glasvitrinen, ein Loch in der Wand, um den Baustaub von draußen eindringen zu lassen, um alles noch mehr an die Schwelle zur Transzendenz zu rücken. Dieser milchig-weiß überzuckerte, aber durch zerschlagenes Glas auch bedrohlich und zerbrechlich anmutende Ort der Stille ist eigentlich ein archäologischer Grabbereich, ein Studierzimmer der Übergangsriten. Die Inspiration von Georges Perecs Roman "Ein Mann schläft", zielt auch auf eine soziale Verweigerung und auf Begierden, die von der "queeren" Schwulen-Szene gedacht, aber letztlich die Einsamkeit des Einzelnen losgelöst von moralischen oder ideologischen Zwängen aufzeigt.

Der Kanadier asiatischer Abstammung betont den Willen zur Absonderung und die Liebe zur Verfalls-Kunst eines Dieter Roth.

Sullivan: Theater und Pathos

Catherine Sullivan aus Los Angeles wird im Herbst in der Tate Modern eine Ausstellung haben. Es ist eine kleine Sensation, dass sie vornweg in der Galerie der Secession ihren Grenzgang zwischen Film, Theater und Musik präsentiert; auch ein gemeinsames Kunstbuch mit der Tate ist in Planung.

In "The Chittendens. Separater Auftritt, mit Musik von Sean Griffin" befragt die Künstlerin theatralische Repräsentation auf Zwänge und Paradoxien mit Hilfe der "Pathosformeln". Aber auch in den Kostümen und Auftritten der Schauspieler sucht sie nach den grammatikalischen Hilfsmitteln im Rollenspiel. Dabei treten Diskrepanzen auf, wobei auch das Echo von Musik und Sprache in den sechsfach filmisch bespielten Räumen einbezogen wird: Als Besucher ihrer Kinowände kann man ihre Analysen der Choreografie – sie setzt willkürlich separierte Posen wieder mit Personen zusammen – an zwei Orten der Handlung gut nachvollziehen.

Freitag, 05. August 2005


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