Galerien live
In Pekingentenhausen
![Aufzählung Aufzählung](00087401-Dateien/wzfeld.gif)
(cai)Womit man derzeit in der Galerie Winter konfrontiert wird, das ist
so dekadent wie handkoloriertes Blümchen-Toilettenpapier. Oder ein
Wettex mit gesticktem Monogramm. Na ja, eigentlich ist es viel eher
provokant. Als würde man in eine Champagnerflasche Bier hineinfüllen.
Oder in einem Vier-Hauben-Restaurant mit den Fingern .. . ach, in der
Nase bohren? Falsch. (Außerdem bräuchte man dafür ja nur
einen Finger.) Damit zu
essen würde völlig genügen.
Lei Xue schändet also Ming-Vasen. Tschuldigung, er aktualisiert sie.
Zunächst sieht man freilich nix als artiges Porzellan. Und fragt sich:
"Was will uns der Hubert Winter, indem er so was Braves ausstellt, bloß
sagen? Dass er auch so einer ist, der täglich die Fünf
Tibeter übt?" Doch sobald man sich näher heranwagt, erkennt man .. .
nein, nicht dass es sich in Wahrheit um Ketchupflaschen aus Plastik
handelt. Der Lei Xue ist zwar ein begnadeter Illusionist (er kann den
blauweißen Stil des uralten Geschirrs perfekt imitieren), aber Zauberer
ist er keiner. Trotzdem staunt man nicht schlecht, im kobaltblauen
Dekor Comicstars in kompromittierenden Situationen vorzufinden. Als
Sexbestien, Kapitalisten, Alkoholiker und Terroristen.
Donald Duck und Daisy benehmen sich sehr unplatonisch. Okay, in
Entenhausen rennen sie ja auch dauernd "unten ohne" herum (ohne
Socken?). Zeigen ungeniert ihr Bürzel her. Manche Szenen sind geradezu
apokalyptisch. Donald führt sich (im Suff?) auf einer kolossalen
Weinflasche auf wie dieser Kung Fu, äh: King Kong, auf dem Empire State
Building. Doch die größte Provokation ist es wohl, uns in dieser
hektischen Zeit so beschauliche Objekte vorzusetzen. Immerhin braucht
der Blick für jedes fast so lange wie der Mund für eine Tasse Tee. Wie
Lei Xue hier Tradition und Moderne, Ost und West vereint, ist g’scheit,
witzig und handwerklich sowieso tadellos. (Ähm, heißt Photoshop auf
Chinesisch am End’ gar "Photo-Chop-Suey"?)
Galerie Hubert Winter
(Breite Gasse 17) Lei Xue Bis 23. Dezember Di. – Fr.: 11 – 18 Uhr Sa.: 11 – 14 Uhr
Blondine auf der Erbse
(cai)Welches Adjektiv beschreibt die Bilder vom Martin Schnur am
treffendsten? Oberflächlich, oberflächlich oder oberflächlich? Hm. Ich
tippe auf: oberflächlich. Gut, nicht jedes Kunstwerk muss über innere
Werte verfügen. Und mit der äußeren Schönheit bin ich hier durchaus
zufrieden. Die Motive selbst dürften ja eher ein Vorwand sein. Für
gschmackige Farb- und Lichteffekte. Wie ich darauf komme? Weil sich
folgende Frage nicht eindeutig beantworten lässt: Was ist erotischer –
die Hand des Künstlers oder der Hintern des Modells? Mit der Hand des
Künstlers meint man natürlich die Art, wie er malt. Und die ist so
sinnlich und intim, der Pinsel hat sozusagen Blümchensex mit der
Leinwand. (Das klingt vielleicht nicht so, soll aber ein Kompliment sein.) Gustostückerln der puren Malerei. Manchmal möchte man allerdings schon
wissen, worum es da geht. Was hat es etwa zu bedeuten, wenn eine
nackerte Blondine auf den Scherben eines Spiegels sitzt (Titel:
"Wienerische Variante der Empfindsamkeit")? Dass ein Wiener Mädel halt
nicht so empfindlich ist wie die Prinzessin auf der Erbse?
Galerie Feichtner
(Seilerstätte 19) Martin Schnur Bis 12. Dezember Di. – Fr.: 10 – 18 Uhr Sa.: 10 – 16 Uhr
Klingeln tötet die Musik
(cai)Sinasi Bozatli ist eindeutig musikalisch. Und solange in seinen
duftigen Wolken aus sentimentalen "Flüsterfarben" ein paar kräftige
Töne (ein Sopranrot oder Tenorblau) ein bissl Krach machen, ist alles
bestens. Und wenn er in freien Rhythmen improvisiert. Aber wenn sich
die Farbe in Schlingen oder Ringe hineinkrampft, ernüchtert das
schlagartig. Wie irgendein blöder Klingelton, der einem das schöne
Konzert ruiniert, weil er einen abrupt aus der Stimmung herausreißt.
Schad.
Galerie Sur
(Seilerstätte 7) Sinasi Bozatli Bis 15. Jänner 2010 Di., Do., Fr.: 14 – 19 Uhr Sa.: 10 – 13 Uhr
Printausgabe vom Mittwoch, 09. Dezember 2009
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