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Kunstberichte
Die neue Museumsordnung geht in Begutachtung – Erweiterungsbau für das Mumok in greifbarer Nähe

Altneue Regeln für Bundesmuseen

Wird man auf solche Bilder verzichten müssen? – Claus Albrecht Schröder vor Peter Paul Rubens Gemälde "Daniel in der Löwengrube", dessen Ausstellung laut Museumsordnung nicht zu den Kernkompetenzen der Albertina gehört. Foto: apa/Herbert P. Oczeret

Wird man auf solche Bilder verzichten müssen? – Claus Albrecht Schröder vor Peter Paul Rubens Gemälde "Daniel in der Löwengrube", dessen Ausstellung laut Museumsordnung nicht zu den Kernkompetenzen der Albertina gehört. Foto: apa/Herbert P. Oczeret

Von Edwin Baumgartner

Aufzählung Museumsordnung regelt die Kernkompetenzen.
Aufzählung Überschneidungen sind weiterhin möglich.
Aufzählung Direktoren müssen sich untereinander abstimmen.

Wien. Großes schien bevorzustehen. Eine Museumsordnung für die Bundesmuseen hatte Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) im Sinn. Seit zwei Jahren laufen die Gespräche, Verdächtigungen, Neidausbrüche und Zufriedenheitskundgebungen der in die Diskussion eingebundenen Direktoren. Nun liegt ein Entwurf der Museumsordnung vor und geht bei den Direktoren in Begutachtung. Bis 27. Oktober können Verbesserungsvorschläge eingebracht werden, danach wird die Ministerin die Museumsordnungen auf dem Verordnungsweg erlassen.

Die umwälzenden Neuigkeiten? – Abgesagt. Jedes Museum bekommt seine eigene Verordnung. Das übergreifende Konzept, das man erwartet hatte, ist eher die Summe der Teile.

Konkret lesen sich die Leitlinien folgendermaßen (Auszüge aus den Entwürfen der Verordnungen des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst):

Das Kunsthistorische Museum(KHM) ist das Bundesmuseum für alle kunst- und kulturhistorischen Epochen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts sowie des ägyptischen und griechisch-römischen Altertums.

Die Albertina ist das Bundesmuseum für österreichische und internationale Kunst der Zeichnung und Druckgrafik vom Mittelalter bis zur Gegenwart.

Das Belvedere ist das Bundesmuseum für die österreichische Kunst vom Mittelalter bis zur Gegenwart.

Das Museum für angewandte Kunst (MAK) ist das Bundesmuseum für angewandte Kunst an der Schnittstelle zu Design, Architektur und Gegenwartskunst.

Das Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig (Mumok) ist das Bundesmuseum für die internationale Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts. Die Kernkompetenz des Mumok

besteht in der Auseinandersetzung mit Werken der klassischen Moderne, der objekt- und gesellschafts-bezogenen, konzeptuellen und performativen Kunst der 1960er und 1970er Jahre und zeitgenössischen Werken der internationalen bildenden Kunst aller Medien. Ergänzende Kompetenzen des Mumok betreffen Werke der österreichischen Kunst im Zusammenhang mit der Kernkompetenz.

Die Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB) ist die Universalbibliothek für alle in Österreich erschienenen oder veröffentlichen Publikationen einschließlich der elektronischen Medien.

Das Technische Museum Wien (TMW) ist das Bundesmuseum für angewandte Naturwissenschaften und Technik.

Diese Museumsordnung schreibt im Grunde lediglich fest, was der interessierte Museumsbesucher ohnedies als Kernaufgaben betrachtet hatte, ehe zwei Museen, nämlich die Albertina und das MAK, in fremden Revieren zu wildern

begannen – und damit

auch noch erfolgreich (im Fall der Albertina sogar außergewöhnlich erfolgreich) waren.

Ob Albertina und MAK jetzt wirklich auf ihre Kernkompetenzen reduziert sind, darf indessen bezweifelt werden – speziell im Fall der Albertina.

Deren Direktor Klaus Albrecht Schröder hat mit publikumswirksamen Großausstellungen weit abseits der Kernkompetenzen, mit denen er sein Haus auch international positionierte, vollendete Tatsachen geschaffen. Und er verfügt obendrein über rund 5800 Quadratmeter Ausstellungsfläche in zentraler Lage. Dass dort nur noch Zeichnungen gezeigt werden können, wäre für die Wiener Museumslandschaft ein Tiefschlag.

Außerdem: "Überschneidungen gibt es, und sie bleiben bestehen", sagte Claudia Schmied, die dem Schubladendenken nun doch abgeschworen haben dürfte.

Eine echte Neuerung der Neuordnung ist somit lediglich, dass die Direktoren überschneidende Vorhaben miteinander absprechen müssen (siehe Grafik). Wenn MAK-Chef Peter Noever etwa Architekturzeichnungen ausstellen will, muss er sich mit Schröder abstimmen, da Architekturzeichnungen auch in die Kompetenzen der Albertina fallen.

Neu sind auch gleichsam begleitende Maßnahmen. So gibt es künftig für jeweils drei Jahre vereinbarte Rahmenzielvereinbarungen sowie auf jeweils ein Jahr abgeschlossene Vorhabensberichte.

Abgesehen davon: Museumspolitik wird, wie Mumok-Chef Edelbert Köb auf seiner Pressekonferenz (siehe unten) sagte, nicht auf dem Papier gemacht, sondern durch Ausstellungsfläche und Geld. Und bezüglich des Geldes hat Claudia Schmied nur schlechte Nachrichten: "So wie sich jetzt die Wirtschaftslage darstellt, werden wir in den nächsten Jahren keine großen Spielräume haben."

Außerdem: "Ein neues Museum sehe ich nicht", sagt Claudia Schmied. Und sieht gleich deren zwei. Nämlich einen Bau auf der Donauplatte zwischen Alter Donau und Donau für die Expansion des Mumok und die Schaffung von Räumlichkeiten für das geplante Literaturmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek.

Printausgabe vom Donnerstag, 01. Oktober 2009

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